Page - 350 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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von P. Philipp Stögerer gegründeten und seither so segens-
reich geleiteten, grossartig organisirten Wohlthätigkeits-Insti-
tutes, welches heute, Dank den rastlosen Bemühungen seines
edlen Gründers nicht weniger wie 100 arme Waisenknaben,
circa 60 Volks-- und Bürgerschülern, 40 Mittelschulstudenten
und 12 Lehrjungen, theils ganz unentgeltlich, theils gegen
geringes Entgelt Verpflegung und Heimstätte und dabei, unter
steter Rücksichtnahme auf eine gesunde körperliche Entwicklung
der Knaben, denselben auch eine sittlich religiöse, von jeder
Bigotterie jedoch vollkommen freie Erziehung gewährt.*)
Die Geschichte der alten Herrschaft und jetzt
verschwun-denen
Veste Ober-Kirchberg a. d. Raab ist folgende: Das älteste
befestigte Schloss war der Stammsitz der Edlen und Ritter von
Kirchberg; sie erscheinen als solche 1240, Ulrich v. Kirchberg ist
1245 Erzdiakon in Oesterreich und Hofkanzler in Steiermark, am
2. November 1345 war ein Ortolph v. Kirchberg Beisitzer auf der
Gerichtsversammlung zu Kraubat, etc. 1500 erscheint ein Bernhard
Kirchberger Priester und Chorherr zu Seckau. Oh sie alle selben
Stammes waren, ist jedoch unsicher. Als spätere Besitzer erscheinen
die Zöbinger, deren Stammsitz zu Burgstall bei Zöbing war, dann
die Ritter v. Steinpeiss, deren Stammsitz der Steinpeisshof in
Diirrenthal bei Preding gewesen sein mag. Ende Mai 1605 brach
ein Freibeuterhaufen von Türken und Ivuruzzen verheerend in das
Raabthal und überfiel auch Kirchberg und zerstörte es. Bald erhob
es sich jedoch wieder aus seinen Trümmern. Ueber die Erwerbung
Kirchbergs durch General Graf Heister berichtet die Sage, dass als
er einst auf seinen vielen Heerfahrten im Schlosse zu Kirchberg
übernachtet, ihm im Traume sein junges Weib erschienen und ihm
zugerufen hätte: „Hier möchte ich wohnen."
Heister erfüllte ihren Wunsch und kaufte das Schloss, welches
er mit billigen Arbeitskräften — gefangenen Türken — 1698 ganz
neu aufbaute und mit einem prächtigen Park und 15 Teichen als
Schutzwehr umgab. Dennoch soll bei dem grossen Kuruzzeneinfali
von 1704 das Schloss verheert worden und namentlich die beiden
Seitenflügel mit allen Urkunden abgebrannt sein. Die Bewohner
des Dorfes flüchteten in einen uuterirdischen Gang, der von der
Kirche zum Schlosse führte, kamen aber darin elendig zu Grunde,
und als später im Pfarrhofe die Wirthschaftsgebäude gebaut wurden,
stiess man wieder auf diesen Gang, der ganz mit menschlichen
Skeletten angefüllt war. Graf Heister baute jedoch das
halbzer-störte
Schloss wieder auf. Er starb als Letzter seines Stammes am
22. Februar 1718 und hinterliess die Herrschaft Kirchberg seiner
*) Der Pachtzins wurde Tom Fürsten Alfred Liechtenstein sehr ermässigt.
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918