Page - 375 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Durchlaucht. Erzherzog Karl zu Oesterreich Rath, welcher in Gott ent-
schlafen ist den 30. Marz 1578 Jahr."
Ausserdem befinden sich in der Kirche die Grabmäler
dreier Hauptpfarrer von 1734, 1775 und 1776. An
der Aussenseite der Kirche (südlich) befindet sich das durch
Architektur und Ornamentik gleich hervorragende Grabdenk-
mal des Georg Christoph Freiherrn v. Ursenbeckh, nördlich der
Margaretha Anna, geb. v. Horchheim seiner Gattin, vom Jahre
1619, leider in einem ziemlich ruinösen Zustande. Der Pfarr-
hof liegt seltsamer Weise nahezu eine Viertelstunde von der
Kirche entfernt, ausser dem Markte, am äussersten nordöst-
lichen Ende der Burg, und macht es diese exponirte Lage
nicht unwahrscheinlich, dass hier, wie die Sage berichtet, einst
die Pfarrkirche stand. Der freundliche, schöne Pfarrhof bietet
nichts Bemerkenswerthes.
Am Wege von Neuhold's Gasthof zum Pfarrhofe wird jedem
Wanderer ein Anwesen auffallen, das sich schon äusserlich durch
originelle Anlage und Decoration als Künstlerheim charakterisirt. Es
enthält, wie die schmucke Tafel an der Schmalfront des Hauses
meldet, die Post, birgt aber auch die Werkstätten des Kunsttischlers
und Decorationsbildhauers (zugleich Postmeisters) Karl Fischen t in,
der stets auf das freundlichste bereit ist, Kunstfreunden seine hübschen
Arbeiten zu zeigen. Karl Fischentin wurde am 21. September 1842
zu Riegersburg geboren, erlernte hier im Elternhanse das
Tischler-handwerk,
kam später dann auf seiner Handwerksreise nach Wien, wo
er sich der Kunsttischlerei und Decorationsbildhauerei widmete und
dabei unermüdlich bestrebt war, durch Besuch von Kunstsammlungen,
Vorlesungen etc. sich autodidakt höher auszubilden. Anlässlich der
1872 begonnenen Restauration der Innenräume der Riegersburg dahin
berufen, führte Fischentin mit Geschick die schwierige Restauration
der Holzvertäfelung des Plafonds des mächtigen Rittersaales, sowie der
reichst mit Intarsien gezierten riesigen Thürportale durch und machte
sodann nach dieser mehrjährigen Arbeit eine Studienreise nach
Süd-deutschland,
um sich hierauf bleibend in Riegersburg niederzulassen.
Unter seinen späteren Arbeiten, deren Stärke immer in den
Einleg-arbeiten
mit verschiedenen Holzgattungen liegt, ragt besonders die
zierlichst eingelegte Thür im weissen Saale des Schlosses hervor,
für welche Fischentin auf der Landes-Ausstellung in Graz eine
Medaille zuerkannt erhielt. Fischentin ist unstreitig eine echt
künst-lerisch
beanlagte Natur, die bei entsprechender akademischer
Aus-bildung
gewiss zu noch weit bedeutenderen Leistungen auf dem
Ge-biete
der Kunsttischlerei berufen gewesen wäre, als es ihm bis jetzt
bei seiner vielfachen Besch^jjjgung als Postmeister und Landwirth
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918