Page - 378 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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Kanonen der Burg vollständig beherrscht wurden. Man durchschreitet
den Markt bis zur Kirche, von wo sich sogleich, rechts ganz auf
den nackten blaugrauen Felsen hinführend, der steile Weg gegen das
erst 1690 erbaute Marktthor, an dessen Thorbogen die Buchstaben
J. R. G. V. P. (Johann Rudolf Graf v. Purgstall) zu sehen sind,
wendet. Dieses Thor ist nur schwach gebaut, doch wird dessen
Zu-gang
durch die über demselben aufsteigenden Bollwerke sehr stark
vertheidigt. Hat man den von kräftigen Rustiken umschlossenen
Thorbogen passirt, so wendet sich die durchwegs in Felsen gehauene
Strasse zwischen einer von prächtigen alten Laubholzbäumen
über-schattete
Felswand und einer niedrigen, mit Zinnen verseheneil
Mauer westlich gegen das überaus stark gebaute Burgthor, dessen
Gebäude eine Doppelreihe Schiessscharten, einen erkerartigen Vorbau
und eine auf dem Felsen aufsitzende kleine Bastion zeigt, welche
Befestigungen den Zugang zu diesem Thore, welches die Jahreszahl
1678 zeigt, in formidabler Weise vertheidigten. Nun erreicht die
Strasse eine kleine Terrasse, von einer mit Schiessscharten reichlich
versehenen Mauer umschlossen, und zieht hierauf steil zu dem dritten
Thore, dem Anna-Thore hinan. In der Felswand, die hier die Strasse
zur Rechten begrenzt, befindet sich am Fusse des Anstieges eine
Marmorplatte mit nachstehende Inschrift eingelassen:
Dum regit Imperium Leopoldus I. et augens,
Ouae cernis sumptu facta fuere meo,
In multis normam transgressus non tibi mirum
Sit; cogor montes nedifieando sequi
Joh. Ern. Com. a Purgstall Cam. et Cons. act. int. et int. dilec-
tissima conjux ejus Catharina Comitissa de Purgstall
nata Baronissa Galler. I685.
Die steil abstürzende Felswand ist der ganzen Länge nach
mit einer mit Schiessscharten versehenen Bastionsmauer gekrönt,
während von dem massigen Tliorgebäude 4 für Geschütze bestimmte
grosse Schiesslucken dem Wanderer entgegenstarren. Hat man die
Thorhalle, deren Portal wie bei allen Thoren von kräftigen Rustiken
gebildet wird, durchschritten, so steht man abermals auf einer kleinen
Terrasse, von welcher sich zwischen den kräftig aufstrebenden,
weit-geästeten
uralten Buchen, Eschen und Ulmen prächtige
Durch-blicke
auf die Zinnen der höher liegenden Wehrbauten erschliessen.
Hier ist noch das aus dem Felsen gemeisselte Bett der ehemaligen
Rossschwemme deutlich erkennbar. Von hier wendet sich die wie
erwähnt immer in Felsen gehauene Strasse in einer steilen
Serpen-tine
dem vierten Thore zu; dieses Stück des Aufstieges zu dem
Hochschlosse ist von wunderbarer malerischer Schönheit.
Zur Linken umschattet das Blätterdach der im starren Fels wurzelnden
Laubbäume den Weg, zur Rechten aber begleitet uns eine hohe Mauer
mit einer ununterbrochenen Reihe langgescblitzter Schiessscharten.
Jede dieser Schiessscharten, solide, ganz aus Stein gefügt, und nach
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918