Page - 424 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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urkundlich vorhandenen historischen Nachrichten sehr spärlich nnd
dürften die bezüglichen Urkunden und Protokolle bei den vielen
Türken- und Kuruzzeneinfällen, welchen das nur eine Stunde von der
ungarischen Grenze entfernte Fehring in erster Linie ausgesetzt war,
verbrannt sein. —• Noch erinnert ein erhalten gebliebener Theil des
die Kirche einst umschliessenden Tabors mit Schiessscharten und
aus kräftigen Rustiken gefügtem Thor mit der Jahreszahl 1615 und
den Rollen der Zugbrücke, die einst über den früher den Tabor
umziehenden Graben führte, an die wider die Türken und Kuruzzen
errichteten Befestigungen. Die Bauart des Tabors nach innen ist die
gleiche, wie beim Feldbacher Tabor. Nächst dem Tabor erhebt sich,
am Nordende des Marktes, an der Rückseite von hübschen Anlagen
umgeben, die Kirche der Pfarre St. Josef (Decanat Riegersburg). Die
Kirche gliedert sich in zwei Theile, der nach Osten gekehrten
gothischen Kapelle, offenbar das Presbvterium der ursprünglichen,
wohl im 14. oder 15. Jahrhunderte erbauten Kirche und der nach
Abreissung des alten Kirchenschiffes, mit dem Chor nach Norden
1716 erbauten und am 28. Mai 1737 eingeweihten, sehr geräumigen,
einschiffigen jetzigen Kirche. In der erwähnten Kapelle, von welcher
eine Innschrift, offenbar irrig, meldet, sie wäre 1111 erbaut worden
(wahrscheinlich 1411), war bis 1888 der prächtige riesige Grabstein
des Edlen Berthold von Emmerberg, gestorben 1403, aus rothen Marmor
mit der lebensgrossen Gestalt des Ritters, eingemauert, leider ist
diese Perle der Fehringer Kirche in jüngster Zeit nach Schloss
Bertholdstein gebracht und daselbst in einem Corridore eingesetzt
worden. Eine andere Inschrift erinnert daran, dass einst die
När-ringer
Herren auf Johnsdorf hier ihre Grabstätte hatten. Das
Hoch-altarblatt,
der sterbende hl. Josef, wurde vom Tiroler Maler Ignaz
Kern gemalt. Neben der Kirche erhebt sich das 1873 erbaute,
be-ziehungsweise
erweiterte zweistöckige Schulgebäude der fünfclassigen
Volksschule. Südlich der Kirche dehnt sich der grosse breite
Haupt-platz
des Marktes, geziert mit der jüngst renovirten 1603 errichteten
Frauensäule aus. Der Markt besitzt auch ein Armen- und
Versorgungs-haus
mit 14 Zimmern, gegründet vom Bürger Jacob Wendler.
Der ruhige, aber sehr gewerbsreiche Markt Fehring hat sich
in den letzten Jahren unter seinem intelligenten Bürgermeister Herrn
Franz Sinzinger in jeder Beziehung verschönert und gehoben, und
eignet sich heute besonders als Sommerfrische für Jene, die an dem
anmuthigen Iltigelcharakter des Raabthaies Genügen linden und unter
angenehmen gesellschaftlichen Verhältnissen gut und billig leben wollen.
Umgebung. Fünf Minuten östlich vom Markte zieht
sich der 117 Joch umfassende Domwald (im Besitze der Gemeinde
Fehring) über die Hügelkette dahin, mit seinen vielen Ruheplätzen
und Aussichtspunkten eine prächtige Waldpromenade er-
schliessend.
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Title
- Die nordöstliche Steiermark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- -
- Location
- Graz
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.93 x 17.9 cm
- Pages
- 498
- Categories
- Geschichte Vor 1918