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klopfte es vorsichtig an die Tür am Kopfende seines Bettes.
»Gregor«, rief es – es war die Mutter – , »es ist dreiviertel sieben. Wolltest
du nicht wegfahren?« Die sanfte Stimme! Gregor erschrak, als er seine
antwortende Stimme hörte, die wohl unverkennbar seine frühere war, in die
sich aber, wie von unten her, ein nicht zu unterdrückendes, schmerzliches
Piepsen mischte, das die Worte förmlich nur im ersten Augenblick in ihrer
Deutlichkeit beließ, um sie im Nachklang derart zu zerstören, daß man nicht
wußte, ob man recht gehört hatte. Gregor hatte ausführlich antworten und
alles erklären wollen, beschränkte sich aber bei diesen Umständen darauf, zu
sagen: »Ja, ja, danke Mutter, ich stehe schon auf.« Infolge der Holztür war die
Veränderung in Gregors Stimme draußen wohl nicht zu merken, denn die
Mutter beruhigte sich mit dieser Erklärung und schlürfte davon. Aber durch
das kleine Gespräch waren die anderen Familienmitglieder darauf
aufmerksam geworden, daß Gregor wider Erwarten noch zu Hause war, und
schon klopfte an der einen Seitentür der Vater, schwach, aber mit der Faust.
»Gregor, Gregor«, rief er, »was ist denn?« Und nach einer kleinen Weile
mahnte er nochmals mit tieferer Stimme: »Gregor! Gregor!« An der anderen
Seitentür aber klagte leise die Schwester: »Gregor? Ist dir nicht wohl?
Brauchst du etwas?« Nach beiden Seiten hin antwortete Gregor: »Bin schon
fertig«, und bemühte sich, durch die sorgfältigste Aussprache und durch
Einschaltung von langen Pausen zwischen den einzelnen Worten seiner
Stimme alles Auffallende zu nehmen. Der Vater kehrte auch zu seinem
Frühstück zurück, die Schwester aber flüsterte: »Gregor, mach auf, ich
beschwöre dich.« Gregor aber dachte gar nicht daran aufzumachen, sondern
lobte die vom Reisen her übernommene Vorsicht, auch zu Hause alle Türen
während der Nacht zu versperren.
Zunächst wollte er ruhig und ungestört aufstehen, sich anziehen und vor
allem frühstücken, und dann erst das Weitere überlegen, denn, das merkte er
wohl, im Bett würde er mit dem Nachdenken zu keinem vernünftigen Ende
kommen. Er erinnerte sich, schon öfters im Bett irgendeinen vielleicht durch
ungeschicktes Liegen erzeugten, leichten Schmerz empfunden zu haben, der
sich dann beim Aufstehen als reine Einbildung herausstellte, und er war
gespannt, wie sich seine heutigen Vorstellungen allmählich auflösen würden.
Daß die Veränderung der Stimme nichts anderes war, als der Vorbote einer
tüchtigen Verkühlung, einer Berufskrankheit der Reisenden, daran zweifelte
er nicht im geringsten.
Die Decke abzuwerfen war ganz einfach; er brauchte sich nur ein wenig
aufzublasen und sie fiel von selbst. Aber weiterhin wurde es schwierig,
besonders weil er so ungemein breit war. Er hätte Arme und Hände gebraucht,
um sich aufzurichten; statt dessen aber hatte er nur die vielen Beinchen, die
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Die Verwandlung
- Title
- Die Verwandlung
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1912
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 54
- Keywords
- Erzählung, Schriftsteller, Ungeziefer, Käfer, Insekt
- Categories
- Weiteres Belletristik