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ich es mir auch nicht erklären«, sagte der Prokurist, »hoffentlich ist es nichts
Ernstes. Wenn ich auch andererseits sagen muß, daß wir Geschäftsleute – wie
man will, leider oder glücklicherweise – ein leichtes Unwohlsein sehr oft aus
geschäftlichen Rücksichten einfach überwinden müssen.« »Also kann der
Herr Prokurist schon zu dir hinein?« fragte der ungeduldige Vater und klopfte
wiederum an die Tür. »Nein«, sagte Gregor. Im Nebenzimmer links trat eine
peinliche Stille ein, im Nebenzimmer rechts begann die Schwester zu
schluchzen.
Warum ging denn die Schwester nicht zu den anderen? Sie war wohl erst
jetzt aus dem Bett aufgestanden und hatte noch gar nicht angefangen sich
anzuziehen. Und warum weinte sie denn? Weil er nicht aufstand und den
Prokuristen nicht hereinlieĂź, weil er in Gefahr war, den Posten zu verlieren
und weil dann der Chef die Eltern mit den alten Forderungen wieder
verfolgen würde? Das waren doch vorläufig wohl unnötige Sorgen. Noch war
Gregor hier und dachte nicht im geringsten daran, seine Familie zu verlassen.
Augenblicklich lag er wohl da auf dem Teppich, und niemand, der seinen
Zustand gekannt hätte, hätte im Ernst von ihm verlangt, daß er den
Prokuristen hereinlasse. Aber wegen dieser kleinen Unhöflichkeit, für die sich
ja später leicht eine passende Ausrede finden würde, konnte Gregor doch
nicht gut sofort weggeschickt werden. Und Gregor schien es, daĂź es viel
vernünftiger wäre, ihn jetzt in Ruhe zu lassen, statt ihn mit Weinen und
Zureden zu stören. Aber es war eben die Ungewißheit, welche die anderen
bedrängte und ihr Benehmen entschuldigte.
»Herr Samsa«, rief nun der Prokurist mit erhobener Stimme, »was ist denn
los? Sie verbarrikadieren sich da in Ihrem Zimmer, antworten bloĂź mit ja und
nein, machen Ihren Eltern schwere, unnötige Sorgen und versäumen – dies
nur nebenbei erwähnt – Ihre geschäftliche Pflichten in einer eigentlich
unerhörten Weise. Ich spreche hier im Namen Ihrer Eltern und Ihres Chefs
und bitte Sie ganz ernsthaft um eine augenblickliche, deutliche Erklärung. Ich
staune, ich staune. Ich glaubte Sie als einen ruhigen, vernĂĽnftigen Menschen
zu kennen, und nun scheinen Sie plötzlich anfangen zu wollen, mit
sonderbaren Launen zu paradieren. De Chef deutete mir zwar heute frĂĽh eine
möglich Erklärung für Ihre Versäumnisse an – sie betraf das Ihnen seit
kurzem anvertraute Inkasso – , aber ich legte wahrhaftig fast mein Ehrenwort
dafür ein, daß diese Erklärung nicht zutreffen könne. Nun aber sehe ich hier
Ihren unbegreiflichen Starrsinn und verliere ganz und gar jede Lust, mich
auch nur im geringsten fĂĽr Sie einzusetzen. Und Ihre Stellung ist durchaus
nicht die festeste. Ich hatte ursprĂĽnglich die Absicht, Ihnen das alles unter
vier Augen zu sagen, aber da Sie mich hier nutzlos meine Zeit versäumen
lassen, weiĂź ich nicht, warum es nicht auch Ihr Herren Eltern erfahren sollen.
Ihre Leistungen in der letzten Zeit waren also sehr unbefriedigend; es ist zwar
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Die Verwandlung
- Title
- Die Verwandlung
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1912
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 54
- Keywords
- Erzählung, Schriftsteller, Ungeziefer, Käfer, Insekt
- Categories
- Weiteres Belletristik