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quälen ihn. Grete! Grete!« schrie sie dann. »Mutter?« rief die Schwester von
der anderen Seite. Sie verständigten sich durch Gregors Zimmer. »Du mußt
augenblicklich zum Arzt. Gregor ist krank. Rasch um den Arzt. Hast du
Gregor jetzt reden hören?« »Das war eine Tierstimme«, sagte der Prokurist,
auffallend leise gegenüber dem Schreien der Mutter.
»Anna! Anna!« rief der Vater durch das Vorzimmer in die Küche und
klatschte in die Hände, »sofort einen Schlosser holen!« Und schon liefen die
zwei Mädchen mit rauschenden Röcken durch das Vorzimmer – wie hatte sich
die Schwester denn so schnell angezogen? – und rissen die Wohnungstüre auf.
Man hörte gar nicht die Türe zuschlagen; sie hatten sie wohl offen gelassen,
wie es in Wohnungen zu sein pflegt, in denen ein großes Unglück geschehen
ist.
Gregor war aber viel ruhiger geworden. Man verstand zwar also seine
Worte nicht mehr, trotzdem sie ihm genug klar, klarer als früher,
vorgekommen waren, vielleicht infolge der Gewöhnung des Ohres. Aber
immerhin glaubte man nun schon daran, daß es mit ihm nicht ganz in
Ordnung war, und war bereit, ihm zu helfen. Die Zuversicht und Sicherheit,
mit welchen die ersten Anordnungen getroffen worden waren, taten ihm
wohl. Er fühlte sich wieder einbezogen in den menschlichen Kreis und
erhoffte von beiden, vom Arzt und vom Schlosser, ohne sie eigentlich genau
zu scheiden, großartige und überraschende Leistungen. Um für die sich
nähernden entscheidenden Besprechungen eine möglichst klare Stimme zu
bekommen, hustete er ein wenig ab, allerdings bemüht, dies ganz gedämpft zu
tun, da möglicherweise auch schon dieses Geräusch anders als menschlicher
Husten klang, was er selbst zu entscheiden sich nicht mehr getraute. Im
Nebenzimmer war es inzwischen ganz still geworden. Vielleicht saßen die
Eltern mit dem Prokuristen beim Tisch und tuschelten, vielleicht lehnten alle
an der Türe und horchten.
Gregor schob sich langsam mit dem Sessel zur Tür hin, ließ ihn dort los,
warf sich gegen die Tür, hielt sich an ihr aufrecht – die Ballen seiner
Beinchen hatten ein wenig Klebstoff – und ruhte sich dort einen Augenblick
lang von der Anstrengung aus. Dann aber machte er sich daran, mit dem
Mund den Schlüssel im Schloß umzudrehen. Es schien leider, daß er keine
eigentlichen Zähne hatte, – womit sollte er gleich den Schlüssel fassen? –
aber dafür waren die Kiefer freilich sehr stark; mit ihrer Hilfe brachte er auch
wirklich den Schlüssel in Bewegung und achtete nicht darauf, daß er sich
zweifellos irgendeinen Schaden zufügte, denn eine braune Flüssigkeit kam
ihm aus dem Mund, floß über den Schlüssel und tropfte auf den Boden.
»Hören Sie nur«, sagte der Prokurist im Nebenzimmer, »er dreht den
Schlüssel um.« Das war für Gregor eine große Aufmunterung; aber alle hätten
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Die Verwandlung
- Title
- Die Verwandlung
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1912
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 54
- Keywords
- Erzählung, Schriftsteller, Ungeziefer, Käfer, Insekt
- Categories
- Weiteres Belletristik