Page - 26 - in Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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des eisernen Dachstuhles befestigt, ebenfalls aus Schmiedeeisen conltruirt und mit Lilien aus in Jener vergoldeter
abgeschlossen. Gleicherweise sind die Iirstblcche darunter, welche durch Metnllstangen festgehalten werden, mit Schienen
und Rosetten aus vergoldeter Gronze geschmückt, Die Schmiedearbeiten hiezu sind vom Schlosscrmeister Gerndt, die
Bronzearbeiten von Hollenbnch in Mien ausgeführt.
Das Ende des Dachfirstes am hohen Ehore ist endlich mit einem rcichgeformten plastischen Kreuze aus Schmiede-
eisen und vergoldeter Gronze ausgezeichnet. Ein ähnlich gebildetes Kreuz von etwas zierlicherer Jorm bildet auch die
Krönung des Dachreiters, Geide Kreuze sind in den Werkstätten des Schlolsermeisters L. Wilhelm ausgeführt, die
Bronzearbeiten daran von D. Hollenbnch's Nachfolger.
Die Glitzableiter verbreiten ihr Netz in sehr rationeller Meile über das ganze Gnuwerk. An allen Höhcnpunkten
desfclben ragen die Goldspitzen der Kupfcrdräthe und Seile empor, welche unter einander und mit den Eisenbestnndtheilen
des Gaues in geschickte Verbindung gebracht, von den Thürmen abwärts als mächtige Kupfertaue in die Erde geführt
sind, und zwar in einen eigens zu diesem Zwecke bis auf die Tiefe des beständigen Grundwassers ausgemauerten
Grunncn, in welchen das Kupfertau in Verbindung mit einer galvanischen Gntterie eingesenkt wurde. Das hier
angewendete System findet bei den großen Schiffen der englischen Marine Verwendung und rührt von äir Milliam Snow
Harris her. Durchgeführt wurde dasselbe an der Votiukirche vom Eivilingenieur Giovanni Oualizza. Die Hauptstränge
sind 84 Jaden starke Kupterscile, die Zweigleitungen sind aus 39 gleich starken Drähten zusammengesetzt.
Sämmtliche Thüren und Thore der Votivkirche sind aus Eichenholz hergestellt mit Uerwendung eines mehr
oder minder reichen Schmuckes an Schmiedearbeiten für Kegel, Günder, Schienen, Knöpfe, Schlösser und Drücker. Die
Mehrzahl derselben sind als sinrkcs, solides, gut verstemmtes Nahmwerk mit äußerer, au dcu Malzen urofilirter Gohlen-
Verschalung construirt. Auf diese Meise ist die Kontinuität der Iläche aufrechterhalten, was für die Anbringung reich-
gezeichneter Gänder günstiger ist, als der Wechsel des Nahmwerkes mit Nullungen. Auf die zahlreichen kleinen Thüren
und Luken des Gaumerkes fand diese Art nur in einfachster Meise Anwendung. Die sechs großen Usortenflügel aber,
deren vier von der Hauptfacndc, und je einer von den beiden Kreuzfchiff-Iacaden nach dem Inneren führen, sowie die
Thüre, welche den Eingang zur Vratorienvorhnlle bildet, sind nach diesem Systeme in reichster Meise gestaltet. Unsere
lange vernachläßigte Ichmiedetechnik fand hier ein dankbares Jeld, die alten Traditionen in Gezug aus die technische
Verbindung von Holz und Eisen wieder zu beleben. Mährend die erslen, bereits aus der Miencr Meltnusstcllung 1373
zur Schau gestellten Thüren noch das mühsame Suchen nach der richtigen Gehandlung des Eisens erkennen lassen,
erweisen die später ausgeführten Arbeiten die anfänglichen Schwierigkeiten als überwunden und reihen sich den besten
Schmiedewerken des Mittelnlters an. Die vom Inneren der Kirche nach der Sacristei und Vratorienhallc führenden Thüren
sind aus Nriesen und Nullungen verstemmt, theilweife mit geschnitzten Ornamenten geziert, demzufolge das Schmiedewerk
dabei nur in bescheidenerer Meise angewendet erscheint. Nur die äußere Sacristeithür ist ganz mit getriebenem, rauten-
förmig gemustertem Eisenblech verkleidet. Die Tischlerarbeit an sämmtlichen Thüren rührt vom Hoflischlermeister Vincenz
Hesele her, welcher auch die nach der Oratorienhalle führende Thüre, sowie zwei der äußeren Eingangsthüren der Kirche
gespendet hat. Die üeschlagarbeiten sind von den beiden Schlossermeistern Albert Milde und Ludwig Milhelm ausgeführt;
und zwar von Ersterem die an den beiden Kreuzschiff-Incndethoren, an der Thüre zur Oratorieuhallc, und an den beiden
vom Inneren der Kirche nach der Sacriltei und nach den Oratorien führenden Thüren, fowic an der äußeren Sncristei-
thüre. Die Geschläge der vier Thüren an der Hauptfacade, sowie der zahlreichen kleinen Thüren sind von L. Milhelm.
leder der genannten Ichlossermeister hat auch eine der großen äußeren Eingnngsthüren gestiftet.
Eine Irage von hervorragender Wichtigkeit, ebenso in technischer wie in künstlerischer Hinsicht bildete schließlich das
Kirchenpflnster. Nie Erscheinung desselben trägt zur Gesammtwirkung des Inneren sehr wesentlich bei; seine Jorm
und Inrbe können den Naum heben oder beeinträchtigen, ihn vergrößert oder verengt erscheinen lassen. Soll die Goden-
stäche immerhin eine ruhige Haltung bewahren, so muß sie doch auch mit den sonstigen Decorationsmitteln des Kirchen-
raumes in einem gewissen Einklänge stehen. Demgemäß war bei der Uotivkirche die Narblosigkeit oder Eintarbigkeit
Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Title
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Author
- Moriz Thausing
- Publisher
- Verlag von R. v. Waldheim
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 25.0 x 33.2 cm
- Pages
- 148
- Keywords
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Categories
- Geschichte Vor 1918