Page - 79 - in Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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von Schivabnch, Heilsbronn, Nürth und anderwärts ausgestellt hat. Diese Sacrnmentshäuschen erscheinen
stets in einem Seitenrnume der Kirche an einen Pfeiler oder eine Wand des Schisses angelehnt. Daß
ihre Form auch für Altäre, und zwar für im Chöre freistehende Altäre angewendet worden wäre,
ist mindestens nicht erwiesen. Nach Hnlbigs Zeichnung hätte sein Altar die Höhe von Z4 Schuh erreichen
sollen; als sich derselbe aber seiner Vollendung nahte, stellte sich heraus, daß der Gildhauer noch ein
klebriges gethan und den Gau bis aus ganze 7^ Schuh erhöht hatte. Da nun die Höhe des Hauptschiffes
der Votiukirche blos 88 Schuh beträgt, hätte diefer Altar bei der allein möglichen scurzirten Ansicht
nothwendig immer den Anschein gehabt, die Wölbung der Kirche zu berühren. Die Verlegenheiten
wuchsen, als der Riefenaltar fertig und zur Aufstellung bereit war. Die Witwe Halbigs bestand aus
ihrem Schein und sie konnte das, denn der Altar war gan^ aus „schönem weißen Stein" und nach
allen Regeln der Kunst und des Contractcs ausgeführt. Sie verlangte den noch ausstehenden Nest
der „Entschädigung" ihres verstorbenen Gatten und die Uebernahme des Werkes. Nun war aber der
Ehor der Uotivkirche noch nicht so weit vollendet, um etwa auch im Widersprüche gegen den Willen
des Architekten diesen Hochbau in sich aufzunehmen, und schwerlich fand sich irgendwo ein anderer
Raum, wo man der Gaubehördc eine beiläufige Anschauung davon hätte bieten können. EZ blieb also
nichts anderes übrig als die symbolische Uebernahme des Altares in seinen Gestnndtheilen. Dam
erhielt denn auch die Gauleitung den gemessenen Auftrag, und sie ward unter Assistenz eines Notars
am I.Mai 1870 durch den Rechnungsrath Inggi vollzogen.
TToch eine wichtige Irage, welche sowohl mit jener der Gnukosten wie mit der des Halbig'schen
Altares im innigsten Zusammenhange stand, harrte der Erledigung, die Urage nämlich nach der
Polychromie des Kircheninneren. Wenn man sich des großen Streites erinnert, der noch in unseren
Tagen von den ersten Künstlern und Gelehrten um die Vielfarbigkcit der Architektur gestritten wurde,
und wenn man bedenkt, wie verhältnißmäßig jung der Triumph der von Semper, Hittorf und
Viollct-Ic-Duc verfochtenen Anschauungen ist, wird man es begreiflich finden, daß die Meinungen bei
uns vor mehreren Inhren in diesem Punkte »och sehr getheilt waren. Vür die Jarblofigkeit sielen
überdies zwei allerwärts jehr mächtige Inctoren in's Gewicht, die Gequcmlichkeit und die Wohlfeilheit.
Anderer Meinung aber war ein Comite, welches im August des wahres 167^ aus Ersuchen des
Architekten zur Verstärkung des früheren Ueriunltungsrnthes eiugesetzt und aufgefordert wurde, ein
Programm für die Grundsälze zu entwerfen, nach welchen bei der Innendccorntion der Volivkirche
vorgegangen werden sollte. Dieses Erccutivcomite bestand aus den Herren Hosräthen R. von
Eitelberger und I. u. Mntzingcr, dem Domherrn U. Kornheisl, den Oberbnuräthen I. Schmidt nnd
Gergmnnn, dem Professor Z. von Nührich, Gildhnuer loseph Gnsscr und dem Architekten der Votiukirche
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Title
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Author
- Moriz Thausing
- Publisher
- Verlag von R. v. Waldheim
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 25.0 x 33.2 cm
- Pages
- 148
- Keywords
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Categories
- Geschichte Vor 1918