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hatte keinen Urlaub erhalten, und mich von ihm zu
trennen, war ein Leidwesen, das ich mir ohne Not-
wendigkeit nicht auferlegen mochte. Ein Zweiter Grund,
mich nicht auf längere Zeit zu meinem Vater Zu be-
geben, war der, daß ich meinen kleinen Rudolf nicht
gern dem großväterlichen Einfluß überließ, denn dieser
war dazu angethan, dem Kinde militärische Neigungen
einzuflößen. Die Just zu diesem Berufe, Zn welchem
ich meinen Sohn durchaus nicht bestimmen wollte,
war ohnehin schon in ihm geweckt. Vermutlich lag's
im Blute. Der Sproß einer langen Ncihc von
Kriegern muß naturgemäß kriegerische Anlagen zur
Welt bringen. In den naturwissenschaftlichen Werken,
deren Studium wir jetzt eifriger denn je betrieben, hatte
ich von der Macht der Vererbung gelernt, von dem
Wesen der sogenannten „angeborenen Anlagen", welche
weiter nichts sind, als der Drang, die von den Ahnen
angenommenen Gewohnheiten zu bethätigen.
Zu des Kleinen GebnrtZtag brachte ihm sein Groß-
vater diesmal richtig wieder einen Säbel.
„Du weißt doch, Vater", sagte ich ärgerlich, „daß
mein Rudolf durchaus nicht Soldat weiden soll; ich
muß Dich schon ernstlich bitten —"
„Also ein Muttersöhnchen willst Du aus ihm
machen? Das wird Dir hoffentlich nicht gelingen.
Gutes Soldatenblut lüat nicht: . . . Ist der Bursch
einmal erwachsen, so wird er seinen Beruf fchon selber
Wahlen — und einen schöneren gibt es nicht, als den,
Welchen Du ihm verbieten willst."
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 1
- Title
- Die Waffen nieder!
- Subtitle
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Volume
- 1
- Author
- Bertha von Suttner
- Publisher
- E. Pierson's Verlag
- Location
- Dresden und Leipzig
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.94 x 18.0 cm
- Pages
- 326
- Keywords
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Categories
- Biographien
- Weiteres Belletristik