Page - 79 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2

— 79 — weit und breit kein Stück Brot aufzutreibcn... Alle Räume, die ein Dach tragen: Kirchen, Meicrhöfc, Schlösser, Hütten, sind mit Kranken gefüllt — alles, was einem Wagen gleicht, wird mit einer Ladung Verwundeter weggeführt. . . Die Straßen bedecken sich nach allen Richtungen mit solchen Höllcnkarren — denn wahrlich, was da an Leiden auf Rädern rollt, das ist höllisch. Da liegen sie — Offiziere. Unteroffiziere und Soldaten — von Blut. Staub und Schmutz bis zur Unkenntlichkeit entstellt, mit Wunden, für die es keine menschenmögliche Hilfe gibt, Klagctüne, Schreie ausstoßend, die nichts Menschliches haben — und doch: die noch schreien können, sind die Beklagens- wertesten nicht . . ." „Da sterben wohl Viele unterwegs?" „Gewiß. Oder wenn sie abgeladen worden — in irgend einem überfüllten Raum — enden sie still und unbemerkt aus dem ersten besten Bündel Snul), aus welches sie sich fallen ließen. Manche still — manche aber auch in verzweifeltem Todcskampfe tobend und rasend, die haarsträubendsten Flüche ausstoßeud ... Solche Flüche mußte wohl jener Herr Twinnig aus London gehört haben, welcher bei der Genfer Kon- ferenz folgenden Vorschlag machte: „Wenn der Zustand eines Verwundeten nicht die geringste Hoffnung dcr Heilung übrig läßt, wäre es in diesem Fall nicht an- gemessen, daß man ihm erst den Trost der Ncligion spende, ihm, so weit es die Umstände gestatten, einen Augenblick der Sammlung lasse und dann seiner Agonie auf die wenigst schmerzliche Weise ein Ende mache?