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langten um 1 Uhr nachts in einem Wäldchen an, wo
wir vor Erschöpfung und Fieber niedersanken. Nm
3 Uhr marschierten wir — das heißt ein Teil von
uns, ein anderer Teil von uns mußte zurückbleiben,
da zu sterben — marschierten wir, noch triefend vor
Nässe und Kälte, weiter. Die Dörfer lllle leer —
keine Menschen, keine Zebensmittel, nicht einmal Trink-
wasser — die Luft verpestet. Tote auf den zer-
stampften Getreidefeldern, kohlschwarze Körper, die
Augen aus den Höhlen "
„Genug, genug!" schrieen die Mädchen.
„Solche Sachen sollte die Censur gar nicht er-
lauben", bemerkte mein Vater. „Es könnte einen» die
Freude an dem Soldatcustand verleiden —"
„Und besonders die Freude an dem Krieg, das
wäre wirklich schade," schaltete ich halblaut ein.
„Überhaupt", fuhr er fort, «die Fluchtepisodcn
sollten diejenigen, welche dabei waren, anstandigerweise
verschweigen, denn es ist wahrlich keine Ehre. ein all-
gemeines ,3KUVV Hrü psnt/ mitgemacht zu haben. Der
Wicht, der mit dem Rufe ,Ncttet cuch° das erste Signal
zum Reißans gibt, sollte sofort niedergeschossen werden.
Ein Feiger ruft es und tausend Tapfere werden da-
durch demoralisiert und müfsen mitlaufen."
„Gerade so", entgegnete Friedrich, „wie wenn ein
Tapferer ,Vorwärts'/ ruft, tausend Feige voranstürmen
müssen, — und dabei auch wirklich von momentaner
Tapferkeit durchglüht werden. EZ lassen sich die
Menschen überhaupt nicht so scharf in mutige und
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2
- Title
- Die Waffen nieder!
- Subtitle
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Volume
- 2
- Author
- Bertha von Suttner
- Publisher
- E. Pierson's Verlag
- Location
- Dresden und Leipzig
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.49 x 18.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Categories
- Biographien
- Weiteres Belletristik