Page - 115 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2

- 115 - mutlose trennen; sondern ein jeder hat seine mehr oder minder kouragierten, sowie mehr oder minder feigen Augenblicke. Und besonders, wo es sich um Scharen handelt, hängt jeder einzelne von dem Zustand seiner Gefährten ab. Wir sind Hcrdengcschöpfe und werden von Hcrdengcfühlen beherrscht. Wo ein Schaf hinüber- springt, springen die anderen nach; wo einer ,Hurral/ schreiend voransprengt, schreien die anderen nach- fprcngcnd mit; nnd wo einer die Flinte ins Korn wirft, um zu laufen, laufen die anderen auch. In dem einen Fall wird die ,tapfere Trupps laut gepriesen. im zweiten wird über ihr Vorgehen — geschwiegen. und es sind doch dieselben Lcntc. Ja, dieselben Men- schen sind es, die je nach der Masscneinwirkung mntig oder mutlos sich gebärden und fühlen. Nicht als anhaftende Eigenschaften sind Tapferkeit und Furcht zu betrachten, vielmehr als Gemütszustände, gerade so wie Fröhlichkeit und Trauer. Ich bin während meines ersten FcldzugcZ einmal in den Wirbel einer solchen wilden Flucht geraten. In den offiziellen Aufzeich- nungen dcs Generalstabs wurde das Ding zwar als Wohlgeordneter Rückzugs mit einigen Worten abgethan — cs war aber eine richtige Deroute. Das tobte und kollerte und raste fort, in namenlofcr Verwirrung: die Waffen, die Tornister, die Tschakos nnd die Mäntel wnrdcn weggeschleudcrt —- kein Kommaudowort inchr zu hören — keuchend, schreiend, vcrzwcifluugsgepeilscht stoben die aufgelösten Bataillone dahin, der uach- sprengende und nachfeuernde Feind hinterher. ... Das ist uuter den vielen gransnmcn Phasen des Krieges 8*