Page - 120 - in Die Waffen nieder! - Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2
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Mein Sohn Rudolf hatte eigentlich recht, auf
seinen Stiefvater eifersüchtig zu sein — dieses Gefühl
war nämlich seit letzter Zeit im Herzen des Kleinen
erwacht. Daß ich von Grumitz abgereist war, ohne
ihm adieu zu sagen, daß ich bei meiner Rückkunft nicht
zuerst ihn zu umarmen verlangt; — daß ich über-
haupt fast den ganzen Tag nicht von des Gatten
Seite wich — das alles zusammengenommen hatte
das arme Vürschchen veranlaßt, mir eines schönen
Murgens weinend an den Hals zu sinken und zu
schluchzen:
„Mama, Mama, Du hast mich gar nicht mehr
lieb!"
„Was sprichst Du für Unsinn, Kind?"
„Ja . . . . nur . . . nur Pa—pa . . . Ich .. ich
will gar nicht . . . groß werden, wenn Du mich ...
nicht mehr magst . . ."
«Nicht mehr mögen? Dich, mein Kleinod!" —
Ich küßte und herzte das weinende Kind — »Dich,
mein einziger Sohn, mein Stolz, meine Zukunfts-
freude! Ich habe Dich ja so, ich habe Dich ja
über — nein, nicht über alles, aber so unendlich
lieb."
Nach diesem kleinen Auftritt war mir die Liebe
zu meinem Buben wieder lebhafter zum Bewußtsein
gekommen. In der letzten Zeit war ich in der That
von der Angst um Friedrich so sehr eingenommen ge-
wesen, daß der arme Rudolf ein wenig in den Hinter-
grund gedrängt worden.
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2
- Title
- Die Waffen nieder!
- Subtitle
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Volume
- 2
- Author
- Bertha von Suttner
- Publisher
- E. Pierson's Verlag
- Location
- Dresden und Leipzig
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.49 x 18.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Categories
- Biographien
- Weiteres Belletristik