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„Was ist das?" fragte ich aufhorchend — man
hört läuten."
„Das ist das Slerbcglöcklcin, Frau Baronin,"
antwortete der Schulmeister. „Es wird wohl wieder
Jemand in den letzten Zügen liegen . . . Der Doktor
hat erzählt, daß in der Stadt die Sterbeglocke gar
nicht mehr aufhört zu klingen —"
Wir blickten einander alle in der Runde an —
stumm und bleich. Hier war er alfo wieder — der
Tod — und Jeder von uns sah dessen knöcherne Hand
nach dem Haupte eines Teuern ausgestreckt.
«Fliehen wir!" schlug Tante Marie vor.
„Fliehen, wohin?" entgegnete der Lehrer. „Rings,
um ist ja das Übel schon verbreitet."
„Weit, weit weg — über die Grenze —"
„Da wird wohl ein Cordon errichtet werden, übcr
den man nicht hinauskann."
„Das wäre ja entschlich? Man wird doch die
Leute nicht hindern, ein verseuchtes Land zu verlassen?"
„Gewiß — die gesunden Gegenden werden sich
gegen Einfchleppung verwahren."
„Was thun, was thun?!" Und Tante Marie
rang die Hände.
„Den Willen Gottes abwarten," antwortete mein
Vater mit einem liefen Seufzer. „Du bist doch sonst
so bestimmungsgläubig, Marie — ich verstehe Deine
Fluchtsehnsucht nicht. Eines jeden Menschen Schicksal
erreicht ihn, wo er immer sei . . . Aber immerhin —
mir wäre es auch lieber, wenn ihr Kinder abreisen
Die Waffen nieder!
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner, Volume 2
- Title
- Die Waffen nieder!
- Subtitle
- Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner
- Volume
- 2
- Author
- Bertha von Suttner
- Publisher
- E. Pierson's Verlag
- Location
- Dresden und Leipzig
- Date
- 1899
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.49 x 18.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Krieg, Frieden, Pazifismus, Nobelpreis
- Categories
- Biographien
- Weiteres Belletristik