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Bestehende gesellschaftliche, politische und staatlicheMachtstrukturen
würden, sodieErzählung, zugunstenvonunbeschränkten Interaktionen
zwischen autonomen Individuenund ihrer Software verschwinden.
AufderanderenSeite findenwirviele technikpessimistischeAnsätze.
Hier werden Smartphones als Kommunikationskiller und Computer-
spiele als Suchtmittel oder Auslöser von Gewaltakten dargestellt. Die
SkepsisgegenüberNeuemistgroßundnatürlichnichtganzvonderHand
zuweisen; sicherlich hat die Technik ihre Schattenseiten. Doch umso
wichtiger ist es, sichmit ihr zubeschäftigen.
Der Soziologe Armin Nassehi berichtet in seinem neuen Buch
Muster:Theorie der digitalenGesellschaftdavon, dass derKapitalismus und
dieDigitalisierungeineWelt geschaffenhaben,dieesnotwendigmacht,
sie anders begreifbar zumachen.DieAntwort auf dieses begreifbarma-
chenistwiederumdigital.Nassehigehtdavonaus,dassesunsUnbehagen
bereitet, wenn digitale Techniken bzw. Datenauswertungen uns
durchschauen und beispielsweise unser Kaufverhalten vorhersagen
können.DassneueTechnikerst einmalAblehnunghervorruft, istnichts
Neues.DieGeschichte zeigt uns unzähligeBeispiele. Sobeklagte schon
Platon imDialogPhaidrosdasAufkommender Schrift: „Denn imVer-
trauen auf die Schrift werden sie (die Menschen) ihre Erinnerungen
mithilfe geborgter Formen von außen heranholen, nicht von innen aus
sichherausziehen;sodasssiesichvielwissenddünkenwerden,obwohlsie
größtenteils unwissend sind, und schwierig imUmgang sein, weil sie
scheinweise geworden sind stattweise.“
DieDigitalisierung imHochschulwesen folgt aktuell vor allemdem
Narrativ der zuvor erwähnten Kalifornischen Ideologie.Wichtig wäre
jedoch, eine eigeneNarration für die Bildung zu entwickeln. Benötigt
wird einFramingdes digitalenWandels:DigitalerWandel braucht eine
guteGeschichte,umgreifbarunderlebbarzuwerden,jenseitsdes,reinen‘
Kapitalismus.Diesemüssenwiraber selbsterzählen.Digitalisierungmuss
in dieHandgenommen, erzählt und auchgesteuertwerden.
„Digitalisierung ist kein Tsunami“, sagte eine Teilnehmerin der
Klausur. Sie ist steuerbar. Doch in diesem Fall ist die Steuerung dieser
Prozesse alles andere als trivial. Ist einTransformationsprozess, bei dem
allemitgenommenwerden, überhauptmöglich?Aktuell liegt das Vor-
anbringenderdigitalenKompetenzen–was auch immerdas seinmag–
andenHochschulenindenHändenwenigerengagierterPersonen.Diese
werden zudemhäufig von der Industrie abgeworben und verlassen die
Lehre.IstesalsoeineLösung,vonobenherabzubestimmen,dassdigitale
Kompetenzen jetzt von allen für alle gelehrtwerdenmüssen?
Ist dasDigitalisierungoder kanndasweg? 21
Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
Einwürfe und Provokationen
- Title
- Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
- Subtitle
- Einwürfe und Provokationen
- Authors
- Marko Demantowsky
- Gerhard Lauer
- Robin Schmidt
- Editor
- Bert te Wildt
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Oldenburg
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-067326-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 206
- Keywords
- Bildung, Schule, Technik, Universität, Digitalisierung
- Category
- Technik