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schen Situationen zu einem Kernmerkmal aller gesellschaftlichen Be-
reiche.
MankannausLotmansBetrachtungenvieleErkenntnissegewinnen,
etwa über gemeinsame Merkmale solcher disruptiven Prozesse. Dazu
gehörtdieRollevonSpracheundBedeutung:dennnichtdasMaterielle
selbst bestimmt über die Form des Prozesses, sondern seine kulturelle
Verarbeitung,dieFormauchdesUmgangsmitansichwidersprüchlichen
Sinngebungen undWertezuschreibungen (weshalb hier die Kunst im
weitesten Sinn als Ort der Reflexion eine bedeutende Rolle spielen
kann).DaswichtigsteElement einerBetrachtung liegtm.E. aber in der
tendenziellenMaximierung derKontingenz. ImPrinzip gilt: je disrup-
tiver, explosiverdieEntwicklung,destooffenerdieOptionenunddesto
unberechenbarer dieweitereEntwicklung.Entscheidend ist nicht allein
dieGeschwindigkeit:WenneinTestwagenaufeineMauerzu-unddann
insiehineinfährt,magdiesinhohemTempogeschehenunddieSituation
des Autos grundlegend verändern – es ist aber ein höchst linearer, ja
sukzessiver und weitgehend prognostizierbarer (tatsächlich auch ge-
planter) Prozess. Nicht die Radikalität des Prozesses macht seinen re-
volutionärenCharakteraus, sonderndieTatsache,dassdieumwälzenden
FolgeneinesProzesseserst inNachhineinbestimmtwerdenkönnen.Das
trifft tatsächlichaufdieDigitalisierungweitgehendzu.Undwennesnicht
möglichist,zuverlässigzuprognostizieren, sosollteesdochmöglichsein,
dieUnvorhersehbarkeit in dieÜberlegungenmit einzubeziehen.
3–WiedieZukunft derBibliothek (nicht) aussieht
Bei einerVeranstaltung inBasel zurZukunft derUniversitätsbibliothe-
ken,andemverschiedeninvolvierteunddurchauseinschlägigePersonen
auf dem Podium beteiligt waren, wurden kürzlich als Illustration der
künftigen Bibliothek Bilder projiziert, in der Studierende einzeln in
kahlenRäumenvor ihremComputer sitzen.Eswardannunteranderem
von der künftigen Nutzlosigkeit von Präsenzbeständen die Rede, die
demDigitalen und demOn demand-Druck weichen und das Biblio-
thekspersonal in der jetzigen Funktion weitgehend irrelevant werden
lassenwürden,odereswurdebehauptet,dieBuchausleihe seieineSache
derVergangenheit. Schon fast schüchterne Fragenwie diejenige, ob es
nicht aucheinForschungsverlust sei,wennmanimmer schon imVoraus
wissenmüsse,wasmanbenutzenwolle,weil der physischeKontakt zur
Sammlung fehle, ging ebensounterwie fast alle in derGegenwart rele-
ThomasGrob46
Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
Einwürfe und Provokationen
- Title
- Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
- Subtitle
- Einwürfe und Provokationen
- Authors
- Marko Demantowsky
- Gerhard Lauer
- Robin Schmidt
- Editor
- Bert te Wildt
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Oldenburg
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-067326-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 206
- Keywords
- Bildung, Schule, Technik, Universität, Digitalisierung
- Category
- Technik