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1 Das Museum: Ein Umriss
Mit dem ›Museum‹ und der ›Virtualität‹ rückt die vorliegende Arbeit zwei Termini
in den Brennpunkt ihres Interesses, die zwar scheinbar sehr verschiedene Sachver-
halte benennen – der erste eine Institution des kulturellen Lebens, der zweite ein abs-
traktes ontologisches bzw. medientheoretisches Konzept –, sich aber in Gebrauch
und Rezeption auf verschiedenen Ebenen sehr ähneln. Beide Begriffe blicken auf
eine bis in die Antike zurückreichende Geschichte zurück und haben über diese hin-
weg zahlreiche, oft fundamentale, Bedeutungsveränderungen erfahren. Beide sind
definitorisch unscharf und in akademischen Diskussionen umfassend problematisiert
worden, werden aber in öffentlichen Diskursen mit großer Selbstverständlichkeit ver-
wandt und als bekannt vorausgesetzt. Und: Beide erlebten in den vergangenen Jahr-
zehnten eine massive Inflation ihrer Verwendung. Befeuert wurde diese zum einen
vom Siegeszug des personal computer in den 1980er Jahren, zum anderen von der
lawinenartigen Ausbreitung privater Internetanschlüsse in den 1990ern, in deren
Zuge sich der Computer, in den Worten Lev Manovichs, von einem Arbeitsgerät mit
klar umrissenen Anwendungsfeldern zu einem »filter for all culture« entwickelte, ei-
ner »form through which all kinds of cultural and artistic production were mediated«
(Manovich 2002: 64). Die Gründe für den prekären Drahtseilakt zwischen inhaltli-
cher Verschwommenheit und diskursiver Überstrapazierung der beiden Begriffe sind
vielschichtig.
Im Falle des ›Museums‹ begegnet eine dem Humanismus und der bürgerlichen
Aufklärung entstiegene und seit ihrer Frühzeit in staatliche Institutionsgefüge und
politische Programmatiken eingebundene Bildungseinrichtung dem Partizipations-
versprechen eines die gesamte soziale Welt ergreifenden Medienwandels. Darcy
DiNucci, eine weitere Vertreterin der information architecture, hat diesen Wandel
im Jahre 1999 folgenreich als jenen vom »Web 1.0« zum »Web 2.0« beschrieben,
und damit auch als jenen vom ›Web‹ als bloßer Ansammlung von HTML-Seiten zum
›Web‹ als Modus latenter, allgegenwärtiger Interaktivität zwischen zahllosen, räum-
lich völlig disparaten Akteuren (vgl. DiNucci 1999: 32). Während hier also ein zuvor
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Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Title
- Dinge – Nutzer – Netze
- Subtitle
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Author
- Dennis Niewerth
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Category
- Medien