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›Virtuelle Museen‹: Medienwechsel und Kontinuität | 125
Mediale Anordnungen sind Museen schließlich unweigerlich. Zwar macht Parry
deutlich, dass er hiermit eine völlig auf digitale Vermittlung beschränkte und in Form
von Computerdaten über ein Netzwerk distribuierte Erscheinungsform von Museum
meint (vgl. ebd.), aber das Wort media allein sagt über Art und Richtung der Ver-
mittlung noch nichts aus. Ohne Parrys mitgelieferte Spezifizierung zeigt es lediglich
an, dass offenbar eine Medialität zum Einsatz kommen soll, die über jene der Muse-
umsdinge und ihrer üblichen Begleitmedien wie Erklärungstafeln und Ausstellungs-
kataloge hinausgeht. Es wird weder deutlich, ob dieser zusätzliche Medieneinsatz in-
oder außerhalb des Museumsgebäudes stattfinden soll, noch in welcher Beziehung er
sich zur eigentlichen Ausstellung befindet.
Bis weit in die 1990er Jahre hinein lässt sich eine große Beliebigkeit im Sprach-
gebrauch der museologischen Fachliteratur feststellen, wenn es um die Verfügbar-
machung von Museumsinhalten im Netz geht, und nicht selten findet man auch ganz
pragmatische Lösungen, wenn z.B. einfach vom ›Online‹-, ›Netz‹-, ›Web‹- oder ›In-
ternet‹-Museum gesprochen wird. Glen Hoptman legte 1995 eine erste systematische
Ausarbeitung zum Begriff des virtual museum vor, den er nach eigener Darstellung
als Medienberater für Museen schon seit 1983 verwandte (vgl. Hoptman 1995: 141).
Für Hoptman ist das virtuelle Museum, wie ja zuvor bereits ausgeführt wurde, als
Dispositiv eng verbunden mit seinem Connectedness-Konzept:
Basic to the Virtual Museum is the term connectedness. Connectedness enriches information
sources and publications as educational learning resources. Connectedness is a basic manner of
referring to the interrelated or interdisciplinary as well as the integrated media nature of infor-
mation. (Ebd.)
Damit legt er zugleich einen sehr umfassenden Virtualitätsbegriff zugrunde, der so-
wohl die klassische ontologisch-philosophische Bedeutungsebene einbezieht (Virtu-
alität als ein Implizites und Latentes, das der Aktualisierung bedarf, sich also aus der
hypertextuellen Vernetzung ergibt) als auch die moderne technische (Virtualität als
die Fähigkeit digitaler Medien, simulatorisch zu etwas zu werden, was sie im engeren
Sinne nicht sind − diese resultiert hier aus der Intermedialität des Computers). Das
Wort ›virtuell‹ impliziert aus seiner alltagssprachlichen Verwendung heraus das Vor-
handensein des Computers, setzt ihn aber nicht zwingend voraus. Zugleich sucht
Hoptman mit einer Virtualität, die von digitaler Connectedness getragen wird, den
Anschluss an Vannevar Bushs und Ted Nelsons Vorstellung vom Mehrwert des As-
soziativen (vgl. ebd.: 155): Viele museale Online-Angebote sind nach seinem Dafür-
halten ausdrücklich keine virtuellen Museen, weil sie die Vorteile und spezifischen
Eigenarten ihres Mediums verschleuderten und in ihrem organisatorischen Aufbau
zu sehr über redaktionelle Relevanzkriterien gesiebt seien. So sei es (und es sei hier
daran erinnert, dass der Text aus dem Jahre 1995 stammt) die gängige Methode, um
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Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Title
- Dinge – Nutzer – Netze
- Subtitle
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Author
- Dennis Niewerth
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Category
- Medien