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gewissenhaftes und wohl bedachtes Zeugniss liefern; er mag darnach
der Wahrheit weiter und allseitig nachforschen.
Nachdem ich schon zu weitläufig geworden, will ich über
meine weitere Thätigkeit auf dem Reichstage vom J. 1848 nicht
viele Worte mehr verlieren und diess um so weniger, je geringer
der Platz ist, den dieselbe im Radhost einnimmt. Die „Erklärung
vom 21. März 1849U (im III. Theile des Radhost) beleuchtet sie
zur Genüge. Obzwar die Rolle, die ich auf dem Reichstage spielte,
nicht glänzend war — (die Wiener hatten, glaube ich, erwartet,
ich werde auf dem Reichstage mit Reden blitzen und donnern,
wie ein zweiter Kossuth), so lässt sich doch nicht leugnen, dass
durch ein Zusammentreffen von Umständen gerade mir unter
allen Reichstagsmitgliedern die schwierigste und gewichtigste Auf-
gabe anheimfiel. Das erklärte Hauptziel des Reichstags war die
endliche staatliche Konstituirung Oesterreichs, oder die Herstellung
einer Konstitution. Zu diesem Zwecke wählte der Reichstag am
31. Juli aus dem Plenum einen besondern aus 30 Mitgliedern be-
stehenden „Konstitutions-Ausschuss", je 3 Mitglieder aus einem
jeden „Kronlande", damit derselbe den ersten Entwurf der künfti-
gen Konstitution ausarbeite; dieser Ausschuss konstituirte wiederum
aus seiner Mitte zwei „Subkommissionen" zu je 5 Mitgliedern, die
eine für den Entwurf der „Grundrechte", die andere für „die
Reichsorganisation". In diese zweite Subkommission, welche einen
Antrag zu stellen hatte, wie die Länder der österreichischen Mon-
archie vereinigt und die legislative, exekutive und richterliche
Gewalt in ihnen vertheilt werden sollten, wurden gewählt: für
Böhmen ich, für Mähren Dr. Kajetan Mayer, für Galizien Dr. Smolka,
für die innerösterreichischen Länder Dr. Goldmark, für die südli-
chen Länder Dr. Gobbi. Ein Jeder von uns sollte einen Antrag
als Substrat für die gemeinsame Berathung und Schlussfassung
abfassen und vorlegen. Allein Dr. Mayer entschuldigte sich damit,
er sei als Untersekretär im Ministerium des Innern allzusehr mit
Arbeiten überhäuft; Dr. Smolka, welcher bald darauf zum Reichs-
tagspräsidenten gewählt wurde, pflegte zu sagen: „Wozu diese
Anstrengung? Glauben Sie etwa, dass die Konstitution, welche
immer wir in Antrag bringen, wirklich angenommen werden und
zur Ausführung gelangen wird?" Dr. Goldmark bekannte frei-
müthig, er fühle sich zu einem solchen Werke nicht befähigt,
und liess sich daher später durch Dr. Brestl vertreten. Dr. Gobbi
war freilich gleich der Erste mit seinem Antrage fertig: allein
sein Werk war so abstrakt und allgemein gehalten, dass es eher
für irgend ein ideales Reich auf dem Monde, als für die sehr
konkreten Verhältnisse Oesterreichs Eignung besass. Deshalb
musste ich, sollte nicht unsere ganze Subkommission durchfallen
mich gänzlich ernsten Studien über diese Angelegenheit widmen
und konnte mich daher nicht einmal an den laufenden Reichstags-
debatten betheiligen, wie andere Mitglieder.
Politisch durchgebildete Leute gab es, wie in Oesterreich
überhaupt, so auch im Reichstage des J. 1848 nur sehr wenige; und
auch jene, welchen man eine solche Bildung zutraute, zeichneten
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Palacký's Politisches Vermächtniss
- Title
- Palacký's Politisches Vermächtniss
- Author
- František Palacký
- Location
- Prag
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.0 x 23.6 cm
- Pages
- 42
- Categories
- Dokumente Geschichte