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Palacký's Politisches Vermächtniss
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35 kömmt, im Vorhinein die gemeinsame oder verschiedene Abkunft derselben mit Sicherheit konstatirt sein muss. Was mich betrifft, so liege ich hinsichtlich der ursprünglichen Identität derselben nicht den geringsten Zweifel, obgleich anderseits die durch ihre ver- schiedene Erziehung seit mehr als einem Jahrtausend hervorge- brachten Unterschiede gross sind. Damit jedoch meine Worte zu keinem neuerlichen Missverständ- nisse Anlass geben, muss ich eine allerdings minder angenehme Be- merkung hinzufügen. Aus der erwähnten Identität des russischen und böhmischen Geistes hinsichtlich religiöser Streitfragen darf keineswegs gleich gefolgert werden, dass die Böhmen dem Wunsche mancher Russen gemäss sich so leicht der orthodoxen Kirche an- zuschliessen vermöchten, wenn sie dieselbe nur kennen würden. Obzwar ich weiss, dass die Ergebenheit der Böhmen dem römischen Stuhle gegenüber nicht unüberwindlich ist, uijd dass die bekannten Dekrete vom 8. Dezember 1864 und 18. Juli 1870 sie in keinerlei Weise vermehrt noch auch gefestigt haben, so zweifle ich doch, dass die gegenwärtigen Formen der russischen Kirche für die Böhmen einen allzugrossen Reiz gewinnen könnten, es müsste sich denn dieselbe zuvor zu einigen Reformen, nicht im Gebiete der Dogmatik, sondern hinsichtlich des Gottesdienstes entschliessen. Die gewöhnlichen Liturgien, lang und einförmig, würden, da sie nur zum Gefühle und keineswegs auch zum Verstande sprechen, den böhmischen Geist nicht befriedigen, sondern vielmehr ermüden, indem derselbe an eine blosse Passivität nicht gewöhnt ist, sondern auch während des Gottesdienstes Selbstthätigkeit und Gedanken- bewegung bedarf und fordert; er verlangt im Gotteshause auch belehrende Predigten zu hören und zu erwägen, er will auch mit der Gemeinde laut singen u. s. w. Auch die übergrosse' Strenge der orthodoxen Fasten wäre nicht nach seinem Sinne u. s. f. Und ist denn Hoffnung vorhanden, dass diese Formen bald eine Aenderung erfahren würden? Es besteht noch ein anderer russischer Wunsch, für welchen bei uns keine günstige Aussicht vorhanden ist. Ich habe oft, auch aus angesehenem Munde, das Verlangen vernommen, es möchten sich die Böhmen mit den Russen, wenigstens was die Schrift be- trifft, einigen, nämlich die deutschen und lateinischen Lettern fahren lassen und entweder die russische Graidanka oder die altberühmte cyrillische Schrift annehmen; der verstorbene Hilferding widmete sogar diesem Gegenstande eine besondere Schrift, um zu zeigen, aui welche Weise diess durchgeführt werden könnte und sollte. Ich begreife diess und sehe und ehre auch darin einen Beweis von Zunei- gung zu uns: allein ich fürchte, ein solcher Wunsch werde immer nur ein pium desiderium bleiben. Obwohl nicht geleugnet werden kann, dass das russiche Alfabet einige Vorzüge, namentlich in Bezug auf die einfache Schreibung der Zischlaute: ö, §, 2, besitzt, so ist doch nicht minder evident, dass es auch seine besonderen Unvollkommenheiten und Mängel hat, welche eine genaue Bezeich-
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Palacký's Politisches Vermächtniss
Title
Palacký's Politisches Vermächtniss
Author
František Palacký
Location
Prag
Date
1872
Language
German
License
PD
Size
15.0 x 23.6 cm
Pages
42
Categories
Dokumente Geschichte
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