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Die Rekonstruktion von Deutungs-, Denk- und Handlungsmustern im Kontext der Lernbegleitung in Lernwerkstätten im Elementarbereich
ElFo – Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2020), 2 (2), S.14–24
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Im Jahr 2009 veröffentlichte der Verbund europäischer Lernwerkstätten e. V. (VeLW) ein Positionspapier zu
Qualitätsmerkmalen von Lernwerkstätten und Lernwerkstattarbeit, in dem der Versuch unternommen
wurde, eine Klärung der Begriffe Lernwerkstatt und Lernwerkstattarbeit vorzunehmen (Schmude &
Wedekind, 2014). Hier wird unterschieden zwischen Lernwerkstatt als Raum und Lernwerkstattarbeit als
pädagogische Begleitung von Lernprozessen.
Lernwerkstätten gelten demnach als real existierende und anregungsreich gestaltete Räume (Hagstedt, 1999;
Schmude & Wedekind, 2014; VeLW, 2009), die sich „durch die Fülle des in ihren Räumen gelagerten
Materials“ (Pallasch & Reimers, 1997, S. 85) auszeichnen. Sie sollen den Lernenden durch die Vielfalt des
Materials und die inspirierend gestaltete Arbeitsumgebung mannigfaltige Gelegenheiten bieten, eigene
Zugänge zu Lerngegenständen und Themen zu finden (VeLW, 2009) sowie relativ sanktions- und angstfrei am
„eigenen Lernen werkeln“ zu können (Albert, 2000; Wedekind, 2006).
Während eine Lernwerkstatt ein gestalteter Raum ist, wird als Lernwerkstattarbeit die pädagogische Inter-
aktion zwischen Lernenden (Kindern) und Lernbegleitung/Lehrenden (pädagogischen Fachkräften)
verstanden, durch die bzw. den Lernenden und Lehrenden ein strukturell, organisatorisch und inhaltlich
gestalteter Interaktionsraum geboten wird (Schmude & Wedekind, 2014).
Die lerntheoretische Basis für Lernwerkstattarbeit ist der „moderate Konstruktivismus“ (Reich, 2008). Lernen
wird dabei als eigenverantwortlicher, sozialer und individueller Prozess der Neu- und Rekonstruktion von
Welt verstanden (Reich, 2008). Die Interaktionen zwischen den Lernenden untereinander, den Lernenden
und dem Lerngegenstand, aber auch zwischen Lernenden und Lehrenden sind dabei unabdingbar, um die
eigenen Konstruktionen von Welt erweitern zu können (Reich, 2012).
Basierend auf diesen Überlegungen werden den Lernenden und Lehrenden (innerhalb des Positionspapieres)
bestimmte Rollen zugeschrieben, die charakteristisch für die Lernwerkstattarbeit sind. Danach gelten die
Lehrenden als LernbegleiterInnen, deren Aufgaben u. a. darin bestehen, die Lernprozesse „pädagogisch-
didaktisch zu begleiten, nicht aber zu lenken“ (Kaiser, 2016, S. 86), den Raum mit seiner Lernumgebung
vorzubereiten, Lernwege und -ergebnisse zu reflektieren und den Lernenden „Raum und Zeit zu geben, sich
einem Lerngegenstand in der für ihn/sie geeigneten Weise zu nähern“ (VeLW, 2009, S. 8).
Die fehlende Definition des Begriffs LernbegleiterIn im Positionspapier suggeriert, dass es eine gemeinsame
Verständigungsebene der AutorInnen gibt, was mit diesem Begriff im Kontext von Lernwerkstattarbeit
gemeint ist. Dennoch muss festgestellt werden, dass je nach AutorIn durchaus unterschiedlich
ausdifferenziert wird, was unter dem Begriff LernbegleiterIn verstanden wird.
Als wesentliches Qualitätsmerkmal für die Lernbegleitung gilt laut Positionspapier, dass die Lehrenden sich
mit Instruktionen weitestgehend zurückhalten und den Lernenden keine Ergebnisse vorgeben (VeLW, 2009).
Stattdessen sollen sie das Lernen durch zurückhaltende und achtsame (die Bedürfnisse und Interessen der
Kinder berücksichtigende) Impulse (van Dieken, 2004; VeLW, 2009) bereichern und DialogpartnerInnen der
Lernenden sein. Lernbegleitung bedeutet jedoch auch eine Unterstützung des eigenaktiven Lernprozesses
der Kinder in der Lernwerkstatt (VeLW, 2009).
Kritisch anzumerken ist, dass die normativ vorgegebenen Kriterien des VeLW zwar dazu beitragen sollen,
Qualitätsmerkmale für Lernwerkstattarbeit zu benennen. Es fehlt jedoch einerseits eine systematische und
wissenschaftlich fundierte Erarbeitung dieser Merkmale sowie andererseits eine Ausdifferenzierung der im
Positionspapier verwendeten Begriffe. Insbesondere der Begriff Lernbegleitung bedarf einer Konkretisierung
bezüglich der Aufgaben und Rolle der pädagogischen Fachkräfte.
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ElFo
Elementarpädagogische Forschungsbeiträge, Volume Jahrgang 2 / Heft 2 / 2020
- Title
- ElFo
- Subtitle
- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge
- Volume
- Jahrgang 2 / Heft 2 / 2020
- Editor
- Lars Eichen
- Eva Pölzl-Stefanec
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 31
- Categories
- Zeitschriften ElFo- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge