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Die Rekonstruktion von Deutungs-, Denk- und Handlungsmustern im Kontext der Lernbegleitung in Lernwerkstätten im Elementarbereich
ElFo – Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2020), 2 (2), S.14–24
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Methodisches Vorgehen und Sampling
Die bisher durchgeführten Datenerhebungen erfolgten in zwei Kitas, die nach dem Lernwerkstattprinzip
arbeiten. In Anlehnung an Glaser und Strauss (1998) erfolgte die Auswahl der Kindertageseinrichtungen
gemäß dem Theoretical Sampling2. Das heißt, es wurde bewusst auf einen vorab bestimmten Auswahlplan
verzichtet. Stattdessen soll das Sample im Sinne der Grounded Theory Methodologie schrittweise (im
Wechselspiel mit der Auswertung und Interpretation bereits generierter Forschungsdaten) entwickelt
werden (Strübing, 2003, S. 154).
Im Fokus dieses Beitrags stehen zwei Stimulated Recall Interviews (Calderhead, 1981; Messmer, 2015) mit
pädagogischen Fachkräften, die damit die Datenbasis für die ersten Fälle darstellen. Als Stimulus wurden
dabei eigene Videos aus dem Lernbegleitungsalltag der pädagogischen Fachkräfte genutzt. Der
Aufnahmefokus und -zeitpunkt des Videos wurden von der Fachkraft selbst ausgewählt. Die anschließende
Reflexion im Rahmen des Stimulated Recall Interviews erfolgte in einem zweischrittigen Prozess: Unmittelbar
im Anschluss an die videografierte Situation erfolgte ein erster offener Zugang zum Video. Dabei wurden die
pädagogischen Fachkräfte durch einen erzählgenerierenden Eingangsimpuls3 aufgefordert – im Sinne der
Methode des Lauten Denkens (Konrad, 2010) – alles, was ihnen beim Schauen des Videos und in der
videografierten Situation durch den Kopf ging, zu verbalisieren. In diesem ersten Schritt hielt die
Interviewerin sich im Hintergrund und die Erzählung der pädagogischen Fachkräfte wurde durch keinerlei
(Nach-)Fragen unterbrochen. Zudem hatten die pädagogischen Fachkräfte die Möglichkeit, das Video an für
sie relevanten Stellen zu stoppen. Durch dieses Vorgehen wurden eigene Relevanzsetzungen der
pädagogischen Fachkräfte deutlich, die in einem zweiten Schritt durch immanente und exmanente
Nachfragen4 (Helfferich, 2009; Schütze, 1983) vertiefend fokussiert wurden.
Nach der Datenerhebung wurden die Stimulated Recall Interviews in Anlehnung an TiQ5 transkribiert
(Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2014) und anonymisiert. Die Auswertung der Stimulated Recall Interviews
erfolgte nach den Kodierprinzipien der Grounded Theory (Strauss & Corbin, 1996).
Reflexion der Gütekriterien
Eine Explikation und Reflexion der „Präkonzepte [der Forscherin], d. h. der apriorischen, die Erkenntnisoptik
kalibrierenden Voraussetzungen“ (Breuer & Muckel, 2016, S. 70) wurde sowohl zu Beginn des eigenen
Forschungsvorhabens durch eine selbstexplorative Niederschrift im persönlichen Forschungstagebuch als
auch durch die fortlaufende reflexive Fokussierung und Dokumentation der Entwicklungen und
2 Theoretical Sampling ist ein im Kontext der Grounded-Theory-Methodologie etabliertes Verfahren der Fallauswahl, das als
Gegenentwurf zur repräsentativen Zufallsstichprobe beziehungsweise einer a priori festgelegten, merkmalsvermittelten
und heuristisch dimensionierten Fallauswahl angesehen werden kann (Dimbath, Ernst-Heidenreich & Roche, 2018).
3 Basierend auf der Methode des Lauten Denkens lautete der eingesetzte Eingangsimpuls: „Sie sehen gleich das Video und
ich würde Sie bitten, alles, was Ihnen in der gefilmten Situation durch den Kopf ging bzw. was Ihnen beim Anschauen der
Situation durch den Kopf geht, laut auszusprechen. Sie können das Video an Stellen, auf die sie genauer eingehen wollen,
stoppen.“
4 Nach Schütze (1983) können zwei Formen von Nachfragen unterschieden werden: Immanente Nachfragen, die sich direkt
auf das vorher Erzählte beziehen (z. B. auf Dinge, die nur angedeutet, aber nicht näher ausgeführt wurden, etc.) und
exmanente Nachfragen, die sich auf Sachverhalte beziehen, die von den Interviewten nicht angesprochen wurden, die aber
dem/der Interviewer*in aus bestimmten Gründen (z. B. wegen Fragestellungen, die im Forschungsvorhaben geklärt werden
sollen) wichtig erscheinen.
5 „TiQ“ bedeutet „Talk in Qualitative Social Research“ und ist ein erweitertes sprachwissenschaftliches
Transformationsformat für eine rekonstruktive Auswertung von Transkriptionen.
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ElFo
Elementarpädagogische Forschungsbeiträge, Volume Jahrgang 2 / Heft 2 / 2020
- Title
- ElFo
- Subtitle
- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge
- Volume
- Jahrgang 2 / Heft 2 / 2020
- Editor
- Lars Eichen
- Eva Pölzl-Stefanec
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 31
- Categories
- Zeitschriften ElFo- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge