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54 AnfĂ€ngeaufdemTheaterâDerSchrei,denniemandhört!
DerWarencharaktervonFrauenwirdnichtnuranhandderFigurHannaaufge-
zeigt,dievonzuHausefortgeht,weilsienichtâwiedieKuhdemStierzugefĂŒhrt
werden[wollte]â(DS25),sondernistauchamSchicksalderFrauFleckablesbar,
die seitdemTagihrerHochzeitunterderFeindschaftihresManneszu leiden
hat,weil ervonihrenElternumdieversprocheneMitgiftgeprelltwurde:
FRAUFLECK: [âŠ]Deswegen is es ganze UnglĂŒck. VomTag der Hochzeit, 28 Jahrâ
schleppâ ichdasmitmirherum.
FEUER:UnddieKinderaber?
FRAUFLECK: IchweiĂ,wasSiemeinen. (GlaubenSie, er ist zumirkommenausLiebâ.
Er iszumirgekommenâŠ)
FEUER:Ăso?Ichverstehâ scho. (DS20)
Damit fĂŒhrtFeldmannihremPublikumdiezumTeil tragischenFolgender im
traditionellenJudentumgÀngigenPraxisarrangierterEhenvorAugen.
Als emblematisch fĂŒr dieVergeblichkeit jeglichenVersuchs, demMilieu
desGhettoszuentkommen,kannaberauchdieVerbindungzwischenHanna
undAdrian,demâimKontrastzudenâbĂ€rtig[en]undschwarz[en]â(DS10)
MĂ€nnern imGhettoââgroĂ[en], schlank[en],blond[en] jung[en]Menschenâ
(DS6),gelesenwerden,dieunterdemVorzeichen,desverzweifelt-Rauschhaften
stehend,alsebenfalls zumScheiternverurteiltgesehenwerdenmuss(vgl.:DS
40).
PatriarchaleUnterdrĂŒckungisteintypischesMotivindenGhettogeschichten
unddieVerfĂŒhrungderTochterdurcheinenChristenbzw.Nichtjudenein
hÀufigbehandeltesThema.147 Sie zieht unweigerlich entweder denToddes
Vatersoderaber,wiehierbeiFeldmann,dieVerstoĂungderTochternachsich:
FLECK: Ichwartâhierâhierwerâ ichstehn,undwennsie [Hanna,Anm.v.m.]kommt,
werdâ ichmichhier vordieTĂŒre stellenundwerâ zu ihr sagen: âvonhier schau, daĂdu
fortkommst!DaistkeinPlatzfĂŒrdich!DukönntestjetztseindieEhefrauvoneinâreichen
achtbarenMann.Duhastdas ausgeschlagenundnichtnachmeinemWillengehandelt
â jetzt gehweiter!âHastdichherumgetriebenzwei Jahre lang,wasweiĂ ich,woĂŒberall.
WeiĂich,wieoftdudichbetrunkendurchdieLokalehastgeschlepptâ(lachend)kommt
siedaher,dieFrĂ€ulânGeliebtevoneinâFĂŒrst! (DS23)
DerDespotismusdesVaterswirdvonseinergleichzeitigenLarmoyanzkontras-
tiert: â[âŠ]sie [Hanna,A.v.m]hatmich jasobittergekrĂ€nkt,daĂ ichweinen
könnt, jedenTagundalleNĂ€chtâ (DS23),wasdieAmbivalenz inderFigur
des tyrannischenFamilienoberhauptesverdeutlicht,dasmit seinemVerhalten
147 Vgl.:KennethH.Ober:DieGhettogeschichte.O.Â
a.: S. 108.
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Else Feldmann: Schreiben vom Rand
Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Title
- Else Feldmann: Schreiben vom Rand
- Subtitle
- Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Author
- Elisabth H. Debazi
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21213-3
- Size
- 15.8 x 23.4 cm
- Pages
- 306
- Keywords
- L
- Category
- Biographien