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38 Das Netz der Stadtbahn mit den rot gestrichenen Wägen war überschaubar
und bestand nur aus drei Hauptlinien, die heute in das Netz der U-Bahn inte-
griert sind. Dennoch war die Stadtbahn, da sie – mit Ausnahme des 18 G, der
bei der Gumpendorfer Straße von der Stadtbahntrasse auf das Straßenbahn-
gleis über den Gürtel bis zum Südbahnhof und zugleich vom Linksverkehr auf
den Rechtsverkehr wechselte – kreuzungsfrei verlief und (aus strategischen
Gründen) die Wiener Hauptbahnhöfe verband, eine wichtige Ergänzung des öf-
fentlichen Verkehrsnetzes.
Eine weitere Ausnahme war die Straßenbahnlinie 60, die von der (damaligen)
Hietzinger Brücke bis Mauer ebenfalls mit den roten Stadtbahnwägen betrie-
ben wurde.
Die Umstellung der Stadtbahn von Linksverkehr auf Rechtsverkehr erfolgte
erst mit der Eingliederung in das U-Bahnnetz.
Das Liniennetz der städtischen Autobusse war überschaubar, denn es ver-
kehrten nur Linien innerhalb des Gürtels zu einem Sondertarif. Nur nach Sal-
mannsdorf fuhr ein elektrisch betriebener Autobus mit Oberleitung.
Für den Eisenbahnbetrieb waren fast über den gesamten Zeitraum die zwei-
achsigen, grün gestrichen Waggons mit offener Plattform prägend, die meist
bei Personenzügen eingesetzt wurden. Von der Bevölkerung wurden sie etwas
spöttisch als Brettlhupfer bezeichnet, da sich jeder Schienenstoß direkt auf
den Fahrgast übertrug. Es waren dies oft genietete Geräte der Firma Pimperl –
namensgebend für die etwas abwertende Bezeichnung „Pimperlbahn“ – mit
Sitzbänken aus Holz („Brettlgotik“). Nur die zweite und erste Klasse waren ge-
polstert und für das Gepäck standen in allen drei Klassen über den Sitzen be-
festigte, geflochtene Netze in einem Eisenrahmen zur Verfügung – in diesen
konnte man nicht nur den Koffer unterbringen, sondern eigentlich auch recht
gut schlafen. Expresszüge hatten vierachsige Waggons mit Drehgestellen,
die auch im Inneren etwas komfortabler ausgestattet und statt der harten
Holzbänke gepolstert waren. Auch die Beleuchtung war sparsam: Gaslicht,
das kaum erlaubte zu lesen und bestenfalls zum Kartenspiel mit großsymboli-
schen Karten reichte – und zum Schlafen.
Eine Dampfheizung war die Regel. Da diese meist erst knapp vor Abfahrt der
Lokomotive auf Betriebstemperatur kam, besetzte der erfahrene Reisende ei-
nen der ersten Waggons, um früher in den Genuss eines beheizten Abteils zu
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
- Title
- Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
- Subtitle
- Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
- Author
- Othmar Nestroy
- Editor
- Technischen Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-741-0
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 120
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einstimmung 8
- Einleitung 11
- Politische Propaganda 13
- Spiel und Sport 19
- Der Krieg wird spürbar 23
- Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
- Privater und öffentlicher Verkehr 32
- Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
- Der totale Krieg beginnt 47
- Die Front rückt näher 57
- Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
- Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
- Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
- Nachklang 93
- Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
- Ausklang 115