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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten - Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
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81 tierte Personen von A nach B. Die Garnituren waren übervoll. Wie die Trauben hingen die Menschen an den Außenverkleidungen, über den Kupplungen und an den Trittbrettern. Der Schaffer hatte nach seinem Ruf – „Komplett!“ – oft Mühe, für einen Fuß ein Plätzchen auf dem Trittbrett zu finden. Eine besondere Attraktion waren die aus New York gelieferten Straßenbahn- garnituren, die sogleich als „Amerikaner“ bezeichnet wurden. Der Kasten war etwas breiter als jener der normalen Straßenbahn, doch das Innere komfor- tabler, denn die Sitze konnten umgeklappt werden, sodass alle Fahrgäste immer in Fahrtrichtung saßen. Bedingt durch die Überbreite konnten diese Garnituren nur auf der Linie 31 zum Einsatz kommen, da hier die Geleise mit etwas größerem Abstand verlegt waren. Die „Amerikaner“ waren viele Jahre im Einsatz und dank des guten Service konnten einige Exemplare fahrbereit zurückgestellt werden und stehen heute in einem Museum. Im Herbst 1945 fanden die ersten Wahlen im wiedererstandenen Österreich statt. Ich war noch nicht wahlberechtigt, doch kann ich mich an die Wahl- werbung gut erinnern. Mit Plakaten und Flugzetteln, obwohl kein Papier für Schulbücher vorhanden war, haben die drei Parteien um Stimmen geworben, verstärkt durch Versammlungen in Gasthäusern und unter freiem Himmel. Es herrschte eine demokratische Aufbruchsstimmung, was auch in der hohen Wahlbeteiligung sichtbaren Ausdruck fand. Österreich war aber ein von vier Mächten besetztes Land, der Alliierte Rat war die oberste Instanz und behielt sich alle Entscheidungen vor. Die Regierungsmitglieder der damaligen Zeit, die Männer der ersten Stunde, waren keineswegs vor Übergriffen aller Art sicher und rückblickend ziehe ich noch heute vor diesen Personen den Hut. Doch das Wien dieser Zeit wird auch aus einem ganz anderen Blickwinkel be- leuchtet: von dem legendären Spionage-Thriller und inzwischen zum Klassi- ker gewordenen Film aus dem Jahre 1949 „Der dritte Mann“. Aus Neugierde war ich kurz bei den Dreharbeiten im Bereich der polnischen Kirche am Be- ginn des Rennwegs dabei. Um den besonderen Effekt von regennassem Kopfsteinpflaster zu erzeugen, wurde die Straße wiederholt mit Wasser aus einem Feuerwehrschlauch befeuchtet, bis die Szene endlich im Kasten war. Sonst konnten alle Einstellungen im bombenzerstörten Wien ohne Kulissen gedreht werden. Bemerkenswert ist jedoch, dass in diesem amerikanischen Film so knapp nach Kriegsende auch österreichische Schauspieler zum Zug kamen – und auch der Heurige sowie das ebenfalls zum Klassiker gewordene Zitherspiel durften nicht fehlen, nämlich die Harry Line Suite vom damals fast unbekannten Anton Karas in Sievering.
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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Title
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Subtitle
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Author
Othmar Nestroy
Editor
Technischen Universität Graz
Publisher
Verlag der Technischen Universität Graz
Location
Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-741-0
Size
20.0 x 25.0 cm
Pages
120
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Einstimmung 8
  2. Einleitung 11
  3. Politische Propaganda 13
  4. Spiel und Sport 19
  5. Der Krieg wird spürbar 23
  6. Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
  7. Privater und öffentlicher Verkehr 32
  8. Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
  9. Der totale Krieg beginnt 47
  10. Die Front rückt näher 57
  11. Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
  12. Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
  13. Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
  14. Nachklang 93
  15. Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
  16. Ausklang 115
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