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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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Page - 42 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers

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GEBOREN ZUM PRESTIGEVERBRAUCH42 102 Fürstin Maria Elisabeth an ihre Enkel, die Grafen Nikolaus und Anton, Eszterház, 6. März 1781, in : MOL, FAE, P133, 1cs., a. 103 Vgl. Joseph Haydn an Marianne von Genzinger, 14. März 1790, zit. nach : Robbins 1993 (1), S.  28. 104 Vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1790, Nr.  78 (29. Sep- tember 1790). 105 Vgl. Barleihtuchbuch. Totenbuch der Pfarre St. Stephan vom Jahre 1790, S.  359f. 106 Vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1790, Nr.  77 (25. Sep- tember 1790). 107 Zu den politischen Folgen im Reichstag vgl. Evans 2001, S.  356f. prinzipientreu »dem Staate … nützlich, der Familie zu Ehr [zu sein], und ihr eigenes Seelheil [zu] erwerben«102, also in duldsamer Pflichterfüllung für Fa- milie, Dynastie und Staatssystem die eigenen Vorstellungen oder Vorlieben zu- rückzustellen. Angeblich drückte der Tod seiner Gattin den hochbetagten Majo- ratsfürsten »dergestalt darnieder, daß wür alle unsere Kräften anspanen musten, Hochdenselben aus dieser schwermuth herauszureissen …«103, wie Joseph Haydn über seinen trauernden Dienstgeber schrieb. Am 28. September 1790 starb auch er nach kurzer Krankheit in Wien104 und wurde daraufhin unter den Klängen des großen Geläuts von St.  Stephan nach Ungarn in die Familiengruft der Esterházy überführt105. Damit endete ein Kapitel europäischer Fest- und Musikkultur, das in Eszterház und von Nikolaus I. aufs Vortrefflichste zelebriert und inszeniert worden war. Seine opulente Hofhaltung wurde nach seinem Tod eingestellt. Und auch die geplante Teilnahme des nunmehrigen Erbprinzen Nikolaus an der auf den 9. Oktober 1790 festgesetzten Krönung Leopolds II. in Frankfurt kam wegen der Trauerfeierlich- keiten seines Großvaters nicht zustande, obwohl er zu diesem Zwecke gerade noch während der habsburgisch-bourbonischen Dreifachhochzeit zum Königlichen Kämmerer ernannt worden war106. 1790 zeigte fast symptomatisch mit der Anhäufung von Todesfällen im Hause Esterházy das Ende der überlieferten Ordnung innerhalb der Familie, aber auch das Scheitern der ambitionierten aufklärerischen Reformen in den Erblanden und dem Königreich Ungarn. Das System Josephs II., das aufgeklärt Reformen verord- nen wollte, die die feudale Welt aus den Angeln heben sollten, war mit ihm be- graben worden. Sein Vorhaben einer umfassenden ungarischen Steuerreform, die keinen Unterschied zwischen staatlichem, adeligem, kirchlichem und bäuerlichem Besitz gemacht hätte, war sofort nach seinem Tod von den rebellierenden Adligen abgeschafft worden. Auch die Bodensteuer, die die Grundlagen des Ancien Régimes anrührte, indem sie den Besitz der Großgrundbesitzer besteuern wollte, und die Gerichtsreform, welche die Gleichheit aller Untertanen vor dem Gesetz gebracht hätte, waren nie umgesetzt worden. Folglich war die Idee der Gleichheit vor dem Gesetz gescheitert und damit die dringend nötige Reformierung des rückständigen, heterogenen Königreiches Ungarn und des Habsburgerreiches insgesamt verhindert worden. Innerhalb der ungarischen Aristokratie – zu der ja die Esterházy gehörten – ent- wickelte sich nach der Rücknahme der aus ihrer Sicht verfassungswidrigen Refor- men Josephs II. in der ersten Jahreshälfte 1790 ein vorsichtiger Nationalismus107. Die Stephanskrone, als nationales Symbol, kehrte aus ihrer musealen Verwahrung in der Wiener Schatzkammer zurück nach Buda und damit in die Heimat. Der zukünftige Regent Leopold II. berief für die zweite Jahreshälfte den Ungarischen Reichstag ein, den Joseph seit einem Vierteljahrhundert ausgesetzt hatte. Auch einen Palatin sollte es wieder geben. Damit entstand Hoffnung auf die Durch- setzung der alten Rechte Ungarns als freies und hinsichtlich seiner gesetzlichen Regierungsform unabhängiges Land. Zum Zeichen dieser nationalen Begeisterung trugen die Aristokraten wieder Kuruzzentracht. Auch die Schnurrbärte als Symbol der ungarischen Husaren kamen wieder in Mode, an der sich auch Erbprinz Niko- laus als junger Leutnant der Ungarischen Garde beteiligte. Die blutige Reaktion Frankreichs auf sein absolutistisches Regime im Jahre 1789, dessen Epizentrum zwar in Paris lag, aber dennoch den europäischen Kontinent er-
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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Subtitle
Biografie eines manischen Sammlers
Author
Stefan Körner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 2.0
ISBN
978-3-205-78922-2
Size
23.0 x 28.0 cm
Pages
404
Category
Kunst und Kultur
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