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GEBOREN ZUM
PRESTIGEVERBRAUCH44 108 Über Nikolaus I. und seinen Sohn Anton : »The
late Prince [Nikolaus I.] was very fond of dra-
matic performances … but the present [Anton]
keeps none. His passion is shooting« (Towson
1797, S. 39).
109 Anton war 1758 im Regiment seines Vaters am
Siebenjährigen Krieg beteiligt und wurde bei
Breslau gefangen genommen. Nach Nikolaus’
Geburt trat er 1767 wieder in den Militär-
dienst ein und kletterte die Karriereleiter zum
Feldmarschall-Leutnant empor (vgl. Wurzbach
1858, Bd. 4, S. 104 ; vgl. auch Strobl von Ravels-
burg 1907, S. 187 – hier allerdings die Vermu-
tung, dass Anton nicht viel im Felde stand).
Briefe an seine Mutter belegen, dass er 1771/72
in Böhmen und der Gespanschaft Hont stand ;
seine Finanzen wurden auch durch den Erwerb
von Ausrüstung für die Feldzüge belastet (vgl.
Brief Antons an seine Mutter, 31. März 1787,
in : MOL, P133, 1cs., a).
110 Vgl. Pratl 2009, S.
153.
3.1 Neue Formen für alte Gesten
Am Beispiel des in diesem politischen und gesellschaftlichen Epochenwandel an
die Regierungsverantwortung des Majorats gekommenen Fürsten Anton Ester-
házy, des Vaters von Nikolaus, lässt sich das unbedingte Festhalten an der alten
Ordnung im Denken und Handeln sehen, obwohl er in der Kunst durchaus neue
Wege beschritt und latent die aufgeklärt-klassizistischen Formen in der Gestaltung
aufnahm. Die neuen Stilformen sollten allerdings zur Gestaltung und Wahrung
der alten Ordnung genutzt werden und auch auf dessen Sohn, den jugendlichen
Nikolaus, wirken.
Zwar entließ Fürst Anton schon zwei Tage nach Amtsübernahme die gesamte
Musikkapelle und die Sänger, stellte Konzertmeister Luigi Tomasini (1741–1808)
und seinen Kapellmeister Joseph Haydn dienstfrei, doch geschah dies nicht aus der
immer wieder apostrophierten aufgeklärten Haltung, die ausschweifende feudale
Hofhaltung seines Vaters im Lichte der Revolution zu reformieren, sondern wohl
einfach aus fehlendem Interesse an Musik108. Denn Anton, der in Wien residierte,
wo auch seine vier Kinder geboren wurden, war zwar erfolgreicher, jedoch kein
spartanischer Militär109. Vielmehr setzte er verschwenderisch fort, was sein Vater
eindrucksvoll vorgelebt hatte. So nannte Anton schon 1769 einen Schuldenberg
von 123.000 Gulden sein Eigen. 1786 kam es zum Konkurs110. Nach dem Tod
seiner ersten Frau hatte Anton 1785 Gräfin Maria Anna Hohenfeld (1768–1848)
geheiratet, womit Prinz Nikolaus’ Stiefmutter jünger als er selbst war.
Auch in den Anlagen des väterlichen Eszterház verblüffte Fürst Anton schon im
ersten Jahr seiner Regierung durch radikale Modernität. So ließ er die Gartenanla-
gen stark vereinfachen, Figuren abtransportieren, Tiere des Tiergartens verlegen und
Einblick in das vermutlich für Erbprinz Nikolaus bestimmte Zimmer im Palais Esterházy in Wien, nach einem
Entwurf von Benedict Hainrizi (1764–1799) 1790 umgestaltet. Fotografie von Herbert Schwingenschlögl, 1980.
Grundriss des Schlosses Eisenstadt mit dem
Komplex der neuen Hofstallungen, Planzeichnung
nach einem Entwurf von Benedict Hainrizi
(1764–1799), 1790. Esterházy Privatstiftung, Archive,
Plansammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur