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Erwachsensein am Epochenumbruch 47
117 Vgl. Rechnung von Artaria, 8. März 1793,
ehem. in : EPA, Generalkassa, 1793, Fasz. 10,
Nr. 7 (vgl. Meller 1915, Quellenteil : Nr. 28).
118 Vgl. ehem. EPA, GC, 10. Februar 1791, Fasz.
14, Rub. 16, Nr. 3, zit. in : Meller 1915, Quel-
lenteil : Nr. 27.
119 Vgl. Hinweis auf die Neueinrichtung, Januar
1791, in : MOL, P108, Rep. 63, E.
120 Siehe umfangreiche Akten in : MOL, FAE,
P108, Rep. 63, E (1790–92).
121 Vgl. Rechnung Würth, 28. März 1793, in : EPA,
GC 1793, Fasz. 18, Rub.
26, Nr. 3. Vgl. Inven-
tarium Uiber das in der Hochfürstlich Esterhá-
zyschen Silberkammer, befindliche verschiedene
und repunzierte Silber, 1810, in : EPA, Prot.
5906 (Inv. 111, Fasz. 4, Nr.
1a).
122 Vgl. Körner 2010 (1).
123 Wiener Zeitung, Jg. 1791, Nr. 64 (10. August
1791).
124 Vgl. Pratl 2009 (1), S. 78.
125 Vgl. Rotenstein 1792/93, S. 197. Moderne Ansätze ließen sich aber auch in seinen Sammlungen finden, die mit dem
Kauf von Stichen und Büchern prinzipiell alte Traditionen wahrten117. Doch ließ
er gleichzeitig ein modernes Naturalienkabinett118 einrichten und bewies damit ein
für einen Fürsten des 18. Jahrhunderts unübliches Interesse an Naturwissenschaf-
ten. Vom Bibliothekar Pater Primitivus (Joseph) Niemecz (1750–1806) eingerich-
tet und verzeichnet119, wurde das Naturalienkabinett später der Grundstock der
Wissenschaftssammlungen von Nikolaus II.
Wichtiger und bedeutsamer im Sinne der Demonstration der Familienstellung
im Reigen der Adelshäuser, wie es ihm seine Sozialisation als Familienauftrag mit-
gegeben hatte, war die zeitgemäße Hofhaltung, wozu auch die Neuanfertigung des
Majoratssilbers zählte. Aus dem Tafelsilber von Schloss Eszterház, das Ende 1790
zum Einschmelzen gebracht wurde120, entstand 1791/92 bei Wiens bestem Sil-
berarbeiter Ignaz Sebastian Würth (1747–1834) ein einzigartiger Tafelaufsatz, der
mit seinen ehemals fast 900 Teilen121 bis heute zu den größten seiner Art gehört122.
In den Formen ganz dem aufkommenden Klassizismus zugewandt, funktional am
aktuellsten Tafelzeremoniell ausgerichtet, verblüffte er durch die überaus üppige
Verwendung von Silber. Das Tafelsilber Antons war dabei so modern und kostbar,
dass es noch zwanzig Jahre später genutzt und ergänzt wurde, um auch Nikolaus II.
als imponierenden und am Zeitgeschmack orientierten Fürsten darzustellen.
Es hatten sich also in den 1790er-Jahren schnell und modebeflissen die Formen
gewandelt, doch die Machtaussage und die Gesten blieben die gleichen : Es war
übermäßig viel Silber im Tafelservice. Es wurde bei Bauten und Gärten investiert,
um prunkvolle Plätze und Fassaden zu erhalten. Es entstanden neue Säle und Re-
präsentationsflächen, um hier an die überlieferte Festkultur des Feenreiches und
Esterházy-Hofes und damit das Leben der hochadeligen Standeswelt des Ancien
Régime nahtlos anzuschließen.
3.2 Feiern statt Revolution
Gleich seinem Vater, der für seine Repräsentationsaufgaben das gerade »Ange-
sagteste« und Teuerste auf dem Kunstmarkt erstand, übernahm Fürst Anton das
in erster Linie mit Repräsentationswürden belegte Amt des Chefs der Königlich-
Ungarischen Adeligen Leibgarde des Wiener Hofes und dessen ausschweifende
Festkultur. So feierte Anton »mit großer Pracht«123 – ungeachtet der politisch
durch den Umsturz in Frankreich bedingten höchst instabilen Lage – am 2. und
3. August 1791 seine Installation zum Obergespan des Komitats Ödenburg, für
das sogar Eszterház ein letztes Mal genutzt und eigens eine Kammerharmonie ge-
gründet wurde124. In Anwesenheit aller Erzherzöge, ausländischer Botschafter und
der gesamten ungarischen Aristokratie wurde er vom jungen Palatin Alexander
Leopold (1772–1795) und dem Fürstprimas in einer krönungsartigen Zeremonie
installiert. Bei den üblichen Opernaufführungen, großen Festilluminationen, Pa-
raden und Essen für 800 Gäste waren auch Prinz Nikolaus und seine junge Frau
Maria Hermenegilde zu Gast, die von Erzherzog Franz, dem späteren Kaiser, be-
gleitet wurde125.
Doch während in Eszterház der Glanz vergangener Rokokotage noch einmal
auflebte und die alte Ordnung beschworen wurde, las man in den Wiener Gazetten
vom Massaker auf dem Pariser Marsfeld !
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur