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GEBOREN ZUM
PRESTIGEVERBRAUCH50 Hessen-Rheinfels-Rothenburg an ihre Mutter,
Fürstin Leopoldine Liechtenstein, geb. Stern-
berg, Paris, Januar bis März 1790, in : HAL,
Verlassenschaft Fürst Franz Joseph, K234).
130 Vgl. Magyar Hirmondo, elsö szakasz, 3. Januar
1792, S. 3ff.
131 Angeblich hatte dieser Schmuck Nikolaus’ den
Wert von 800.000 Gulden (vgl. Rotenstein
1792/93, S. 188).
132 Es wird immer wieder behauptet, dass Fürst
Anton oder auch sein Sohn Nikolaus an der
Krönung 1790 teilnahmen, was allerdings
anhand der Zeremonialakten im HHStA nicht
zu belegen ist. Auch wird gern geschrieben, dass
Nikolaus seinen Vater Anton 1792 als Erster
kurböhmischer Wahlbotschafter vertrat bzw.
dieses Amt selbst wahrnahm (vgl. z. B. Wurz-
bach 1858, Bd. 4, S. 102), was ebenfalls nicht
stimmt.
133 Vgl. Bestellungsschreiben, 20. April 1792, in :
MOL, FAE, P108, Rep. 76, Fasz. X.
134 Der junge Graf Anton Grassalkovics (1771–
1841), zukünftiger Gatte von Nikolaus’ Lieb-
lingsschwester Leopoldine (1776–1864), Graf
Karl Esterházy (1756–1828) sowie sein Vetter
Graf Lamberg wurden zu Botschaftskavalieren
bestimmt (vgl. Magyar Hirmondo, elsö szakasz,
6. April 1792, S.
484. Graf Lamberg taucht in
den Listen des Status Personale 1792 auf ; EPA,
HHMR, Krönungsbotschaft 1792). Nikolaus
hatte bereits am 20. Juni an der Krönung von
Franz in Ofen teilgenommen (vgl. EPA, GC
Handbuch 1792, 20. Juni 1792).
135 Vgl. Einsparungsvorschläge von Kaunitz-
Rietberg an Franz (II.), 2. April 1792, in : ÖStA,
HHStA, Wahl- und Krönungsakten, Fasz. 100a.
136 Benedict Hainrizi an Anton Esterházy, 6. Okto-
ber 1792, in EPA, CD 1793/458.
137 Vgl. Augspurgische Ordinari Postzeitung, Jg. 1792,
Nr. 202 (20. Juli 1792).
138 Vgl. Augspurgische Ordinari Postzeitung, Jg. 1792,
Nr. 169 (17. Juli 1792).
139 Vgl. Augspurgische Ordinari Postzeitung, Jg. 1792,
Nr. 169 (17. Juli 1792).
140 Vgl. Metternich-Winneburg 1880, S. 16.
141 Zum Beispiel zusammen mit dem preußischen
Kronprinzen Friedrich Wilhelm (III.) auf dem
großen Ball in Mainz, 23. Juli 1792.
hezu mustergültige Überlebensstrategie und ein »Krieg« mit anderen Mitteln auf
dem diplomatischen Parkett.
Der erste öffentliche Auftritt des Erbprinzen Nikolaus erfolgte dann auch im
Rahmen des angestammten, alljährlichen adeligen Aufgebots bei der Neujahrsvisite
bei Kaiser Leopold II. im Januar 1792 in Wien. Im festlichen Zug, gleich hinter sei-
nem Vater Anton, ritt Nikolaus auf seinem türkischen Pferd130. An Glanz übertraf
ihn freilich der Vater, dessen Gardeuniform mit Diamanten und orientalischen Per-
len aufwendig bestickt war und auf einen Wert von 30.000 Gulden geschätzt wurde.
Das diamantene Goldene Vlies, wertvolle Reiherfedern und Diamanten am Kalpak
des Fürsten komplettierten das eindrucksvolle Bild, für das schon Großvater Niko-
laus berühmt gewesen war131 und das der Erbprinz als Fürst dereinst selbst verkör-
pern sollte. Mit der zur Schau gestellten Pracht, einer absolutistischen Prunkgeste
ohnegleichen, sollte sich der Adel bis in die Zeit nach dem Wiener Kongress retten
und damit fast verzweifelt am Zeremoniell, an den Standesprivilegien festhalten,
gleichzeitig aber auch Projektionen und Bewunderung der sensationslüsternen Be-
völkerung bedienen.
Auch auf der Kaiserkrönung des alten Reiches wurden repräsentative Kontinui-
täten gepflegt, die allerdings schon 1764 politisch ohne Einfluss waren. Nach dem
überraschenden Tod Kaiser Leopolds 1792 hatte dessen Sohn Franz seine Frank-
furter Krönung vorzubereiten. Eilends wurden die Ehrenerhebungen vorgenommen,
um die Amtsträger zu dekorieren. Da Fürst Anton als Nachfolger seines Vaters
wieder das Amt des Kurböhmischen Wahlbotschafters übernahm132, wurde er mit
dem Großkreuz des Stephansordens dekoriert133, die Fürstin wurde zur Hofdame
ernannt134. Und Anton bot alles auf, um an der Krönung mit demselben Glanz und
Pomp seines Vaters teilzunehmen, obwohl die Krönung ansonsten auf ausdrückli-
chen Wunsch des Thronprätendenten sparsam abzulaufen hatte. So wurde auf den
feierlichen Einzug des Kaisers verzichtet, wurden kaum Illuminationen vorgenom-
men, die Bezüge der Wahlbotschafter und deren Anzahl vermindert, selbst auf Da-
men sollte weitgehend verzichtet werden135. Doch Fürst Anton hielt in dekadenter
Art gegen dieses Sparen. So wies er seinen für die Dekorationen und Festlichkeiten
zuständigen Architekten an : »Ich sehe auf keinen Aufwandt : Es liegt mir nichts am
Geld : Es mag schon Kosten was es will.«136
Mehr als 200 Personen begleiteten ihn137, und selbst die kaiserliche Ordre, Da-
men besser zu Hause zu lassen, ignorierte der Esterházy-Fürst während eines Ball-
festes : »Die großartigste Überraschung an diesem Festabend war die mit einigen
hundert Damen besetzte Tafel im reichverzierten Gartenlokale ; ein gradezu einzi-
ger Anblick, der selbst dem … jovialen Kurfürsten von Köln einen derben Fluch der
Bewunderung entlockte.«138
Zum Ball des Fürsten Anton am 12. Juli 1792 kamen 2.000 Gäste, darun-
ter alle geistlichen Kurfürsten139. Der damals junge Graf Clemens Metternich
(1773–1859) fungierte als Zeremonienmeister, und Prinz Nikolaus traf die junge
Adels- und Regentenwelt Europas, so etwa die mecklenburgischen Prinzessinnen
Luise (1776–1810) und Friederike (1778–1841)140 und englische Prinzen141 – der
zukünftige Fürst tanzte mit den hoffnungsvollen Nachkommen der gekrönten
Häupter Europas. Sie sollten ihm im Laufe seines Lebens immer wieder begegnen.
Luise sollte als schöne Königin von Preußen allgemeine Bekanntheit und Vereh-
rung erreichen, ihr Gatte Friedrich Wilhelm III. und ihre Schwester Friederike,
als Königin von Hannover, sollten Eisenstadt besuchen. Luises andere Schwester,
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur