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Erwachsensein am Epochenumbruch 53
147 Vgl. EPA, GC Handbuch 1787, fol. 65, Fac.
10, Rub. 9. Nr. 52, 28. Januar 1787. Gleiches
hatte der jetzige Fürst als junger Graf gegenüber
seinem Bruder, dem damaligen Fürsten des
Hauses Paul II. Anton, 1750 beteuern müssen
(vgl. Valkó 1982, S. 82, Fn. 18/a ff.).
148 Revers des Prinzen Nikolaus, 20. Februar 1787,
in : MOL, FAE, P149, Fasz. 7, S. 112.
149 Entschuldung, 5. März 1791, in : EPA, GC
Handbuch 1792, Fol. 46.
150 Vgl. MOL, FAE, P108, Rep. 59, Fasz. K, S.
2
(zitiert nach : Pratl 2009, S. 153). Siehe auch
Hinweis auf »Schrankensetzung der Verschwen-
dung seines Sohnes Niclas«, in : EPA, CD
(Index), 1793. In Hinkunft würden die Finan-
zen des Erbprinzen durch dessen Hofmeister
verwaltet und nur ein Teil der Apanage dem
verschwenderischen Fürstensohn überlassen
(vgl. EPA, CD 1793/1793, o. D.). Demnach
wurden von den pro Quartal 10.000 Gulden
Apanage monatlich nur 3.500 Gulden Nikolaus
zu seiner freien Verfügung ausbezahlt.
151 Rotenstein 1792/93, S. 187.
152 Wolf 1875, S. 185. Die Vertreter der alten Ordnung in den deutschen Landen wiegten sich in einer
trügerischen Sicherheit. Sie gingen davon aus, dass durch die Vorspiegelung einer
Kontinuität ihrer Stärke und ihrer Modernität durch die äußerliche Anwendung
neuer Stile in Architektur und Hofkunst die französische Entwicklung nicht auf
ihre Standes- und Herrschaftswelt übergreifen würde. Auch die Esterházy zele-
brierten die alte Juwelen- und Silberpracht, bauten und gestalteten die Residenzen
weiter aus und nutzten modebeflissen die Formen des Klassizismus. Fürst Anton
und seine Standesgenossen waren der festen Überzeugung, unter dem Postulat der
Gerechtigkeit die alte Ordnung auch in Frankreich schnell wieder herstellen zu
können. Doch mit der verlorenen Schlacht von Valmy war klar geworden, dass die
Kraft der Revolution und ihres ideologischen Unterbaus stärker war als die Waf-
fen und die barocke Geltungsmacht der Monarchien und des Adels, die sie stütz-
ten. Der Fortbestand der 1764 während der Krönung Josephs so klug zelebrierten
Rangerhöhung der Esterházy und damit der überkommenen Standeswelt war nach
der Krönung 1792 infrage zu stellen, denn das Heilige Römische Reich begann zu
zerfallen, und Franz sollte sein letzter Kaiser sein. Darüber konnten auch die alten
Prestigeformeln in neuer, modischer Gestalt oder Erweiterungen der alten Protz-
kultur um aufklärerische wissenschaftliche Sammelgebiete nicht hinwegtäuschen.
Die als Stärkung der alten Ordnung gedachte Festseligkeit von Fürst Anton erwies
sich als Tanz auf dem Vulkan. Sein Sohn und Erbprinz sollte in der Rezeption des
Lebensstils seiner Väter hierbei an seine Grenzen stoßen.
3.3 Grenzen des Prestigeverbrauchs
Bereits 1787 hatte Nikolaus als Einundzwanzigjähriger von seinem Großvater
entschuldet werden müssen147. Daraufhin wurde für ihn eine Hausstandsregelung
getroffen, worin der Prinz erklären musste, dass er »bei seiner Ehr« keine Schulden
mehr machen wolle, um nicht in die »größte … Ungnade seines vielgeliebten Groß-
vaters«148 zu geraten. Anscheinend hielt er sich nur wenig daran149, denn sein Vater
erließ eine Verschwendungssuchtserklärung (Prodigalität) über den Sohn. Fürst
Anton warnte hierin öffentlich, dass sich niemand auf Darlehen oder Kontrakte
mit Erbprinz Nikolaus einlassen solle, da sich dieser »eine[r] sehr beträchtliche[n],
und für ihn schlechterdings unerschwinglichen Schuldenlast, durch seine auf das
äusserste getriebene Verschwendung zugezogen«150 habe. – Das eingangs erwähnte
Credo, es gäbe »nichts besseres auf der Erden …, als Fürst Esterhazi zu seyn«, galt
also für den unter väterlicher Gewalt stehenden Prinzen scheinbar noch nicht, ob-
wohl er doch von der gelebten Grenzenlosigkeit seiner Väter sozialisiert worden
war.
Ebenso geriet Nikolaus in der Nachahmung seiner Väter beim »erotischen Lu-
xuskonsum« an seine Grenzen. Mätressen waren an Europas Höfen und damit auch
in Eszterház selbstverständlicher Teil der sensualistischen Verschwendungssucht.
Jedoch galt schon bei Fürst Nikolaus I., wenn »gesündiget [wird], so geschieht es
sehr geheim«151. Natürlich übernahm der jugendliche Nikolaus diese Rechte wie
selbstverständlich und führte sie zu neuer Opulenz, wie seine Tante andeutete :
»Der junge Fürst Niclas war über alle Maßen verschwenderisch und im Punkt der
Treue nicht verläßlich, aber niemand vermochte so zu repräsentieren und er blieb
bei all seinen Abenteuern ein wahrhaft großer Herr.«152
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur