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Auf Italienreise enthusiastisch und modebeflissen 83
91 Vgl. ehem. EPA, GC 1795, Fasz. 10/11, zit. in :
Meller 1915, Quellenteil : Nr. 33–35.
92 Vgl. ehem. EPA, CD 1797/20, 24. Oktober 1796,
zit. in : Meller 1915, Quellenteil : Nr.
42. 3.3 Viele Bilder und eine Galerie-Idee
Die Italienreise 1794/95 war Anfangspunkt aller sammlungstechnischen Aktivi-
täten des Fürsten Nikolaus. Sie war reich an Inspirationen und architektonischen
Eindrücken. Er schloss zahlreiche Bekanntschaften mit bedeutenden Vertretern
des europäischen Geisteslebens um 1800 und einem dominierenden deutschen
Gelehrtenkreis, baute Kontakte zu Sammlern und adeligen Dilettanten, bürgerli-
chen Experten und jungen Avantgardisten zeitgenössischer Kunst auf. So begann
Nikolaus, sich unter Anleitung von Experten Kenntnisse anzueignen und Kunst,
vorrangig Gemälde, zu sammeln.
Im Juni 1795 verließ Nikolaus Rom und Italien. Seine wertvollen Einkäufe folg-
ten im August und Oktober 1795, als 22 von mindestens 24 Kisten mit erkauf-
ten Büchern, etruskischem Geschirr, Kupferstichen und Alabasterfiguren, diversen
unbearbeiteten Marmorsteinen, mindestens 44 Gemälden, aber auch Wäsche aus
Italien an seine und die Adresse des Grafen Lamberg-Sprinzenstein in Wien ge-
schickt wurden91. Als 1796 die Bilder folgten, die Zarullo erworben hatte, stoppte
Nikolaus die Einkäufe, da er einstweilen keinen Platz mehr habe. Er verkündete,
eine Galerie für seine neue Sammlung bauen zu wollen92.
Indem Nikolaus eine neue Sammlung anlegte und nicht einfach die Bilder seines
Großvaters aus dessen Eszterházer Galerie nutzte, offenbarte sich eine neue Art
des Sammelns und der damit verbundenen Bedeutung von Kunst. Nikolaus’ Gale-
rieplanung dürfte wesentlich unter Einfluss seines römischen Cicerone Aloys Hirt
entstanden sein, der nach seiner Rückkehr nach Berlin die Gründung eines Muse-
ums für die Sammlungen der preußischen Könige propagierte. Hirts von Friedrich
Schiller und Wilhelm von Humboldt beeinflusste Museumskonzeption im Geiste
des deutschen Idealismus verband antike Skulpturen, Münzen und Gemälde aller
Schulen zur Geschmacksbildung des Publikums und zur Unterrichtung von neuen
Künstlern in einem Museum. Nikolaus war seinerseits durch die Kursgespräche in
Rom zumindest ansatzweise mit der systematischen Kunsttheorie, die Hirt 1797
und 1798 in seinen Schriften Versuch über das Kunstschöne und Über die Charakteris-
tik niederlegte, vertraut und trug diese mit nach Wien und Eisenstadt.
Wie konkret der Wunsch nach einem eigenen Museum für seine im Entste-
hen begriffenen Sammlungen war, belegte der Plan eines Musentempels, der gleich
nach der Rückkehr Nikolaus’ aus Italien entstanden war. Der französische Architekt
Jean-François Thomas de Thomon (1760–1813), seit November 1794 in fürstlichen
Diensten, nutzte für diese Esterházy-Galerie die Architektursprache des engli-
»Bonis Artibus et Scientiis a Principe Nicolao«,
Galeriebau für die Sammlungen des Fürsten
Nikolaus II. Esterházy, Entwurfszeichnung von
Jean-François Thomas de Thomon (1760–1813), 1795.
State Museum of History, St. Petersburg, Grafische
Sammlungen, heute verschollen.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur