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PROBIEREN UND
SUCHEN84 93 Angelehnt an Colen Campbells Vitruvus Britan-
nicus.
94 Erstmals genannt bei Zádor 1935, S. 173ff. Vgl.
Zádor 1943, S. 161f.
95 Vgl. Inventarium von dem Hause auf der Land-
strassen, 23. Januar 1796, in : EPA, Prot. 5825.
96 Vgl. EPA, CD 1795/1804, 27. Oktober 1795 ;
GC 1795, Fasz. 18, Rub. 27, Bel. 41, Nr. 7. Die
sog. Neubad-Wohnung schloss an die Kleine
Galerie und das Blaue Kabinett an und umfasste
vier Räume im angemieteten Haus zwischen
Nagler- und Neubadgasse (Bildhauerarbeiten
von Högler ; vgl. EPA, CD 1795/1804, 27. Okto-
ber 1797 ; 1796/319, 15. Februar 1796).
schen Neopalladianismus93. Die gewählte Unterschrift »Bonis Artibus et Scientiis
a Principe Nicolao«94 ist Verweis auf die Idee des Nebeneinanders der Künste, das
Aloys Hirt so stark propagierte. Demnach war Kunst nicht mehr reines Statussym-
bol eines absolutistischen Fürsten, sondern rückte dem idealistischen Credo einer
bildsamen Einrichtung näher, welche die Menschenfreundlichkeit des Sammlers
darstellen konnte. Kunst sollte nach Hirt erfreuen, die Wissenschaften fördern, Ge-
schmack bilden und nicht mehr nur elitär genutzte Herrscherallegorie sein. Niko-
laus schien diesen liberalen Ideen gegenüber offen, denn seine Sammlung wurde ja
von bürgerlichen Experten beraten, die Bestände wurden von ihnen geordnet und
kategorisiert. Vielleicht entstand auch damit einhergehend der Gedanke, die spä-
tere Galerie im Rahmen der populären Hirt’schen Museumsidee in zunehmendem
Maße auch der Bevölkerung zu öffnen.
Die Gemälde der Italienreise fanden zunächst jedoch im Palais auf der Land-
straße, der ehemaligen Prinzenresidenz, ihren Platz, wo im Inventar von 1796 eine
kleine und eine große Galerie genannt werden95.
In jedem Fall wandelte der ambitionierte, junge Majoratsherr beim Aufbau sei-
ner Sammlungen für eine Galerie auf modernen Wegen, die aber dennoch seinen
alten fürstlichen Machtanspruch durch Kunst mit idealistischen Motiven legitimie-
ren konnten.
4. Als Wiener Bürger provokativ
Auch in der künstlerischen Gestaltung seiner Wiener Residenzen beschritt Fürst
Nikolaus bei der Suche nach neuen architektonischen Formen Wege, die sogar
bisweilen radikal und provokativ waren. So setzte er nach Regierungsantritt die
Bauarbeiten am Speisesaal des Majoratshauses (nach Hainrizis Plan von 1791) fort
und ließ im daran anschließenden Neubadgebäude Privat- und Arbeitsräume nach
Entwürfen des erwähnten Thomas de Thomon neu gestalten96. Vor allem aber wur-
den Haus und Garten auf der Wiener Landstraße zum Experimentierfeld für neue
Ideen in architektonischer und vor allem gartenbaulicher Hinsicht. Grundriss des Esterházy-Gartens auf der Wiener
Landstraße, entworfen von Jean-François Thomas
de Thomon (1760–1813), 1795. Detail aus: Grundriss
der Wiener Vorstädte Weisgaerber, Erdberg
und Landstraße, Wien 1803. Österreichische
Nationalbibliothek, Wien, Kartensammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur