Page - 91 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
Image of the Page - 91 -
Text of the Page - 91 -
Als Wiener Bürger provokativ 91
116 Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher, 18. Mai
1798, in : ÖNB, Han, Ser. 194, S.
38v.
117 Ähnlich dem Hôtel Thélusson oder Claude-
Nicolas Ledoux’ Entwürfen zu Gartenbauten im
Park der Madame Dubarry (vgl. Pariser Album
von Sir William Chambers mit der Darstellung
von Pavillons für den Garten der Dubarry von
Ledoux, Charles de Wailly (London, Royal
Institute of British Architects)).
118 Vgl. Stieglitz 1792.
119 Vgl. Genehmigungsbescheid des Städtischen
Unterkammeramtes – Bauamtes für Plan von
Baumeister Joseph Reymund, 26. Mai 1797,
in : StLaAW, 1.3.2.MA236, A16 – EZ 932,
3. Bezirk. Hierfür wurde 1797 der hintere Teil
des Nachbargrundstückes von Freiherr Leopold
von Dalberg (Nr. 207) erworben (vgl. EPA, CD
1797/1540, o. D.).
120 Vgl. Hinweis auf die Bauausführung von Joseph
Ringer (zu einem gotischen Tempel, in : EPA,
Eisenstädter Rentamtsrechnungen, 1797/170,
Beilage 17.
121 Vgl. Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher,
26. Juni 1798, in : ÖNB, Han, Ser. 194, S. 43r.
122 »… kleine Männergesellschaft bei mir auf der
Landstraße« (vgl. Nikolaus II. an Henriette
Zielinska, 1. November 1797, in : MOL, FAE,
P134, E, Nr. 664). Betten und Andeutungen auf sexuelle Vergnügungen waren also das vorherr-
schende Motiv des üppig ausgestatteten Tempels. So vermerkte der fürstliche Stall-
rechnungsführer : »Ich falle in Fatalität im Tempel mit dem Bette.«116 Der noble
Pavillon war am Außenbau ganz in der Mode zeitgenössischer französischer Gar-
tenbauten gehalten und kontrastierte effektvoll antiken Monopteros mit modernen
Bauteilen117. Die Innenausstattung und Nutzung folgte der Orientmode kurz vor
1800, die sich besonders in Gartenbauten niederschlug. Denn nachdem sich die
Einstellung gegenüber den ehemaligen »Feinden Europas« in eine märchenhafte
Begeisterung für den Orient gewandelt hatte, wurden Ottomanen und Ruhebet-
ten in kleinen Gartentempeln zum Ausdruck der Faszination des geselligen und
spielerischen Zusammenseins der Osmanen118. Aber auch die ägyptischen Figuren
waren »en vogue«, da sich nach dem typologischen Stilpluralismus an sie magische
Geheimnisse, Kraft und Erhabenheit knüpften : Wo besser also, als in der Vorhalle
zu einem intimen Raum, waren sie vorstellbar ? !
Eine Orangerie119 und ein Tempel im Stil des Gothical Revival120, der vom ehe-
maligen Theatermaler in Eszterház, Travaglio, ausgemalt wurde121, komplettierten
diesen ersten Garten des Nikolaus.
Im Haus und Garten des Fürsten Nikolaus auf der Landstraße traf sich die Män-
nergesellschaft122 des Clubs der Cavaliere, der Wiens erster Herren-Club war. Von
diesem Freundeskreis des jungen Fürsten Nikolaus’ gingen zahlreiche Kunstaktivi-
täten Wiens nach 1800 aus, die besonders für die Wiener Klassik fruchtbar werden
sollten. Zu diesem Kreis um Nikolaus gehörten die Brüder Joseph (1764–1828)
und Nikolaus Pálffy (1765–1800), Karl Borromäus Liechtenstein (1765–1795),
Graf (später Fürst) Franz Joseph Dietrichstein (1767–1854), Graf Joseph Pergen
(1766–1830), Sohn des Chefs der Polizeihofstelle, Graf (später Fürst) Ludwig Star-
hemberg (1762–1833), späterer Botschafter in Den Haag und London, Baron Jo-
hann Hilmar Adolph Schönfeld (1754–1820), sächsischer Gesandter in Wien und
verheiratet mit der Schwester von Joseph Johann von Fries (1765–1788), der Un-
»Ansicht eines Theils des Fürstlich Esterhazzischen
Gartens nebst der Aussicht«, der Gotische Tempel
im Esterházy-Garten auf der Wiener Landstraße
nach einem Entwurf von Pietro Travaglio (gest.
1798), kolorierter Kupferstich von Jacob Gauermann
(1772–1843), 1795. Esterházy Privatstiftung, Schloss
Eisenstadt, Grafische Sammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur