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Als Militär und Diplomat erfolglos, aber repräsentativ 97
158 Schließlich wurde 1807 der Erwerb des Schlos-
ses Baumgarten durch Fürst Nikolaus II. im
Grundbuch eingetragen, doch überließ er es zu
diesem Zeitpunkt bereits Louise von Cönnen
und Therese Schönfeld (vgl. Wohlrab 1985,
S.
17 ; zu Letzterer hatte Nikolaus II. vermutlich
eine sexuelle Beziehung, sie taucht als Nanette
von Schönfeld in den Karner-Akten auf). Die
noch nicht im Schloss verbauten Teile, ein Por-
tal, Säulen und Pilaster, wurden zur Baustelle an
seinem Majoratspalais in der Naglergasse nach
Wien übertragen (vgl. EPA, CD 1807/4676, 25.
Oktober 1807). 1808 ging Baumgarten an den
Vetter Nikolaus’, Franz Esterházy (1758–1815)
aus der Cseklészer Linie, und dessen Gattin
Elisabeth Grassalkovics (1767–1823). Der Park
war ab 1892 in Gemeindebesitz und ist heute
als Casinopark bekannt (Linzer Straße 293,
1140 Wien). Letzte Ansicht des Schlosses und
von Partien des Gartens in einem Zeitungs-
ausschnitt, o. D. (um 1900), in : Wien Museum,
I.N.52.079 (K181).
159 Vgl. Stekl 2004, S. 22.
160 Nikolaus II. an Henriette Zielinska, 17. Sep-
tember 1797, in : MOL, FAE, P134, E, Nr.
657.
161 Vgl. Nikolaus II. an Henriette Zielinska, 9. Juni
1797, in : MOL, FAE, P134, E, Nr. 672.
162 Zit. nach : Allmayer-Beck 1971, S. 314. seiner geliebten Mätresse gedacht. Ganz seinem wankelmütigen Naturell folgend,
war Baumgarten dem Fürsten nur einige Jahre lang ein neues, spannendes Spiel-
zeug, an dem er schnell das Interesse verlor158.
6. Als Militär und Diplomat erfolglos, aber repräsentativ
Eine von Nikolaus’ vielen Aufgaben war die des Militärs, Generals und Hauptman-
nes. Obwohl er diese Ämter in ihrer Bedeutung als Teil seines Selbstbildes an seine
Geliebte hervorhob, dürften ihm die militärischen Aufgaben die unangenehmsten
gewesen sein.
Offizielle Ämter, militärische Ehrentitel und diplomatische Aufgaben wurden
auch dem Esterházy-Fürsten vom Kaiserhaus zugedacht, da er wie wenige andere
Adlige des Landes über die finanziellen Möglichkeiten verfügte, Regimenter zu
stellen und auszustatten sowie die kostenaufwendigen Repräsentationspflichten bei
Paraden, Aufmärschen oder Ehrenformationen mit genügend Glanz zu erfüllen und
den Kaiser so angemessen zu vertreten. Da die militärische Karriere zu den Funk-
tionsansprüchen der Aristokratie und zum Kanon seiner Standeskriterien gehörte,
war die militärische Laufbahn für Nikolaus vorbestimmt. – Allerdings befand sich
diese angestammte Tradition des Adels im Wandel. Seit Mitte des 18.
Jahrhunderts
war es in den Erblanden auch Bürgerlichen möglich, die militärische Laufbahn
einzuschlagen. Damit setzte sich immer stärker das Leistungsprinzip gegenüber
dem Geburtsrecht durch, woraufhin die Hocharistokratie ihr Interesse am mili-
tärischen Amt zusehends verlor159, sieht man von den höchsten Dienst- und Eh-
rengraden ab, die damals letzte Domäne der Hochadligen des Reiches blieben und
nicht selten hohe Titel und Namen mit militärischer Unfähigkeit und Desinteresse
paarten. Auch Nikolaus beklagte immer wieder seinen Dienst »entre trompette et
tambour«160 und meinte »vor allem für mich, der ich diese Geschichte wohl nicht
nötig habe«161. Damit stand er für eine veränderte Pflichtauffassung, die Erzherzog
Carl 1805 bedauernd ansprach : »Der Adel fühlt sich nicht mehr geehrt mit der
Erfüllung seiner Berufspflichten : er dient nicht mehr, und wenn er dient, so dient
er selten gut.«162
Gräfin Henriette Zielinska, geb. Liebirzewska,
Kupferstich von C. P. Pfeiffer nach Christian
Ahrbeck (um 1770–1858), um 1812. Österreichische
Nationalbibliothek, Wien, Bildarchiv.
Fürst Nikolaus II. Esterházy, Miniatur von Edler
Bernhard von Guérard (1780–1836), um 1800.
Esterházy Privatstiftung, Schloss Eisenstadt
(Nachlass von Fürstin Maria Hermenegilde, später
Prinz Louis Esterházy).
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur