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Als regierender Souverän feierlich und ambitioniert 109
227 Nikolaus II. an Henriette Zielinska, 16. August
1802, in : MOL, FAE, P134, E, Nr. 769.
228 Vgl. Grafl 2010, S. 53f. So wurde mit dem
Umbau des Speisesaales erst 1794, also nach
dem Tod Fürst Antons, der ab 1793 planen ließ,
begonnen.
229 Vgl. Müller 2004, S. 28 (Matthisson und Fried-
rich Leopold Stolberg berichten ausführlich von
Hirts Bäderkursen). Residenzkultur wesentliche Säule fürstlicher Distinktion. Auch nach 1789 stand
das feierfreudige Credo im Mittelpunkt der Hofhaltung, denn Nikolaus wusste : Ȉ
la Campagne, il est dificile d’amuser les galantes des villes.«227
Fürst Nikolaus setzte in der ersten Phase seiner Regentschaft den architektoni-
schen Gestaltwandel, den sein Vater mit dem Bau der Stallungen am Eisenstädter
Schloss, im Majoratspalais in der Wallnerstraße begonnen hatte, fort und baute das
Begonnene oder erst Geplante weiter228. Auch die Wahl des frühbarocken Schlos-
ses Eisenstadt als neue, alte Hauptresidenz der Familie wurde beibehalten. Zudem
boten die halbwegs städtischen Strukturen Eisenstadts, die landschaftliche Vielfäl-
tigkeit und die größere Nähe zu Wien weitaus bessere Entwicklungs- und Einfluss-
potenziale als Hauptresidenz von Fürst Nikolaus II., der nicht nur Ererbtes wahren,
sondern unbedingt Neues schaffen wollte.
Zwei unverwirklichte Projekte beweisen, dass Nikolaus hierbei allen Ideen ge-
genüber offen war, sogar der architektonischen Entwicklung Österreichs vor 1800
weit voraus war und Großes mit seiner Residenz vorhatte. Neben dem erwähnten
Museumsprojekt im englischen Neopalladianismus, das wohl nahe dem Schloss
entstehen sollte, schlug der erwähnte Thomas de Thomon 1795 auch eine Schwefel-
badanlage für das nahe Eisenstadt gelegene Großhöflein vor, das seit der Mitte des
17. Jahrhunderts in Nutzung durch die Familie Esterházy stand. Die Planansicht
zeigt mit einer großen Bäderanlage das Formenvokabular des Revolutionsklassizis-
mus und integriert prominente Anleihen der römischen Bäder, die Fürst Nikolaus
zuvor in den Kursen von Aloys Hirt selbst studiert hatte. So bestand eine der rö-
mischen Lektionen in der Besichtigung und dem Disput über die Verbindung von
Funktion und Architektur anhand der antiken Bäder der Agrippa, den Diokleti-
ansthermen und der Kuppel des nahen Pantheons, um so die Kuppelbauweise der
Römer zu untersuchen229. Dass sich Elemente eben dieser Bauten in der sofort nach
der Rückkehr aus Italien entstandenen Bäderplanung wiederfinden lassen, zeigt,
wie sehr sich Nikolaus bei der architektonischen Sprache seiner Residenzvision vor
1800 direkt einbrachte.
Blick auf Eisenstadt mit Stadtpfarrkirche,
Franziskanerkloster, Schloss (vor dem Umbau),
Bergkirche, Aquarell, um 1797. Albertina, Wien.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur