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PROBIEREN UND
SUCHEN110 230 Arndt 1988, S.
306.
231 Arndt 1988, S.
305.
Obwohl der Bau für Großhöflein nicht verwirklicht wurde, blieb doch die Ver-
wendung von Motiven der kubischen und herben Größe der vom französischen
Revolutionsklassizismus beeinflussten Architektur in allen nachfolgenden Projek-
ten Nikolaus’ II. evident, womit sich das »Spielfeld Badhaus« stilprägend auf die
Verwirklichung der nachfolgenden Residenzideen auswirken sollte.
8.1 Bauten zum Feiern in Eisenstadt
Die revolutionsklassizistische Bädervision für die Esterházy-Residenz war utopisch,
neu und radikal, denn Eisenstadt war »ein unansehnliches Städtchen, mit Schin-
deldächern und unebenen Gassen am Fuße des Berges, der hinter ihm mit Reben
bis zu einer hohen Waldspitze hinläuft«230. Der fürstliche Schlosskomplex westlich
der Stadtmauer, bestehend aus Stallungen, dem alten Apothekenflügel und dem
barocken Schloss, war »eine große und imponierende Gruppe von Gebäuden, hat
aber so viel Schwerfälliges … Im Schloss selbst fanden wir das Gewöhnliche, aber
nichts Außerordentliches an Pracht und Herrlichkeit.«231 Sollte dieses Eisenstadt
also angemessener Platz seiner fürstlichen Hofhaltung werden, so musste hier mit
Nachdruck entwickelt, gebaut und gestaltet werden.
So konsequent, wie sich Nikolaus II. als junger Majoratsherr, Musikförderer und
Kunstsammler sofort mit Regierungsübernahme präsentierte und mit oftmals über-
heblichen Gesten inszenierte, so unschlüssig suchend rang er bei seinen frühen Pro-
jekten für Eisenstadt nach Formen, Ideen und Möglichkeiten. Er bewies Durchset-
zungskraft bei dem »Dass« und gleichzeitig noch recht unschlüssiges Suchen nach
dem »Wie«. Denn Fürst Nikolaus war ein ungeduldiger Geist, der nicht viel Geduld
und Zeit für Planungen aufwandte. Und so wurde zunächst weitergebaut, was sein
Vater begonnen hatte. Neues wurde begonnen, gebaut, verworfen, überdacht und
wieder neu gebaut.
Statt mit Regierungsübernahme die Projekte seines Vaters vorerst zu beenden
und zu überdenken, setzte der neue Fürst die Bauarbeiten an den erst im Rohbau
befindlichen Stallungen am Schlossplatz im Oktober 1794 fort und ließ den Kom-
plex (in leicht modifizierter Form des zugrunde liegenden Hainrizi-Plans) unter
dem fürstlichen Baumeister Ringer bis 1797 im Wesentlichen vollenden. Auf die
geplante Reitschule und den Ovalplatz mit der Sommerreitschule am südlichen
Ende der Anlage verzichtete Nikolaus allerdings, obwohl die Fundamente bereits
gesetzt waren, um den Endpunkt der Anlage für weitere Ideen offenzulassen. Aller-
dings konnten die Pferde erst 1804 endgültig in den Komplex einziehen, da ständige »Projet de Bains Soufé pour Eisenstadt, fait sur
les idées de S. A. Mr. Le Prince Regnant Nicolas
Esterhasie«, Vorlageblatt von Jean-François Thomas
de Thomon (1760–1813), 4. Oktober 1795. State
Museum of History, St. Petersburg, Grafische
Sammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur