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Der Fürst wird in seinem Stand erhöht 211
293 Gegen eine lebenslange Leibrente an de Ligne,
seine Tochter und Gattin (vgl. Auszug aus dem
Testament des Fürsten de Ligne, 16. Mai 1804,
in : Klarwill 1920, S. 60f.).
294 Vgl. Nikolaus II. an Clemens Metternich,
2. Juni 1804, in : ÖStA, Wien, HHStA, Reichs-
archive, Reichshofrat, Gratialia et feudalia,
Confirmationsprivilegien, Kiste 41, Konvolut
1 (Edelstetten). Kaiser Karl VI. hatte Vaduz-
Schellenberg 1719 zum Fürstentum Liechten-
stein erhoben.
295 Vgl. Erhebungsurkunde von Kaiser Franz II.
für Nikolaus II. und dessen eheliche Leibes-
erben in den Stand eines gefürsteten Grafen
von Edelstetten und damit die verbundenen
Reichsrechte, 1804, in : MOL, FAE, P108, Rep.
2 et 3, Fasz. G, Nr. 123 et CC. 1803/1804 nahm
Kaiser Franz II. noch zahlreiche Erhebungen
in den reichsunmittelbaren Fürstenstand vor,
um eine katholische Stimmenzahl im Reichstag
zu erreichen : Looz-Corswaren, Waldburg-
Wolfegg-Waldsee, Waldburg-Zeil-Trauchburg,
Waldburg-Zeil-Wurzach, Metternich, Fugger-
Babenhausen, Salm-Reifferscheid-Krautheim,
Windischgrätz, Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.
296 Genauer zur angestrebten Virilstimme siehe
Tobler 2003.
297 Die Ebenbürtigkeit ist ein besonders heikles
rechtshistorisches Thema. Besonders unter
Napoléon wurden die Begriffe der Ebenbürtig-
keit radikal verändert bzw. z. T. beseitigt (vgl.
Dungern 1905, S.
60). Bemühungen des Fürsten Nikolaus um Kunst und Kultur als strategische Mittel zur
Aufnahme in den deutschen Reichsfürstenstand gesehen werden.
Und Nikolaus II. konnte sich für das Erreichen seines Ziels keinen besseren und
doch gleichzeitig schlechteren Zeitpunkt aussuchen, denn im Zeitalter politischer
Neuordnung Europas nach 1800 hatte ein gewaltiger Wandlungsprozess begonnen.
6.1 Die erste Standeserhöhung : Fürst von Edelstetten
Der Friede von Lunéville, den Kaiser Franz II. 1801 mit Napoléon geschlossen hatte
und der für Nikolaus II. die so produktiv genutzte Friedenszeit verhieß, brachte auch
territoriale Veränderung mit sich, die der Fürst zu nutzen wusste. Franz II. hatte zu-
sagen müssen, dass die von Frankreich beanspruchten Gebiete des Reiches links des
Rheins entschädigt würden, und hatte dafür eine Reform der Reichsstruktur begon-
nen. Nach dieser wurden fast alle reichsunmittelbaren Reichsabteien, Hochstifte,
aber auch die meisten Reichsstädte und geistlichen Kurfürstentümer Deutschlands
aufgelöst und deren Besitzungen durch den Reichsdeputationshauptschluss (25. Fe-
bruar bis 27. April 1803) säkularisiert und teilweise den linksrheinisch »Enteigne-
ten« als Entschädigung übertragen. Das kleine adelige Damenstift Edelstetten, ein
ökonomisch unbedeutendes Gebiet in der österreichischen Markgrafschaft Burgau
in Schwaben, fiel dadurch an Fürst Charles Josephe de Ligne (1735–1814). Der in
Wien lebende, europaweit bekannte und schon betagte Diplomat hatte jedoch kein
Interesse an den 830 Bewohnern in zwei Dörfern und einem Marktflecken. Da aber
die Grafschaft formaljuristisch territoriale Selbstständigkeit im deutschen Reichs-
verbund genoss, da sie sog. Reichsstift und damit Reichsgrafschaft war, kaufte 1804
Fürst Nikolaus II. die Herrschaft Edelstetten von de Ligne293 und suchte schon
während der Kaufverhandlungen ab Mai 1804 bei Kaiser Franz II. um die Erhe-
bung Edelstettens zum Fürstentum an294.
Am 17. Dezember 1804 wurde dem Wunsch weitestgehend entsprochen, da Niko-
laus zur »Beförderung der Wohlfahrt des teutschen Reiches« in seinem »erprobten
patriotischen Eifer«295 beigetragen hatte. Zusammen mit einer Wappenverbesserung
gelangte der Fürst in den Stand eines gefürsteten Reichsgrafen von Edelstetten und
war damit Landesherr eines der 39 verbliebenen Territorien mit Reichsstandschaft.
Das fürstliche Haus Esterházy war damit in den Rang eines deutschen Reichs-
fürsten aufgestiegen und hatte von nun an auch Aussicht auf eine direkte Stimme
(Virilstimme) im deutschen Kurfürstenrat der allgemeinen Reichsversammlung des
Immerwährenden Reichstages in Regensburg296. Damit wäre Fürst Nikolaus
II. dort
ebenso vertreten gewesen wie die verbliebenen Reichsstädte, Duodezfürsten und
Souveräne des Reiches, denen er nun über den Reichsfürstenstand formell gleich-
gestellt war. – Die von seinem Großvater so machtvoll begonnene ständische Auf-
stiegsgeschichte war also von Nikolaus II. vierzig Jahre später erfolgreich vollendet
worden, denn nun saß (theoretisch) ein ungarischer Magnat auf der deutschen Fürs-
tenbank. Seine Familie sollte damit ab 1815 als mediatisiertes Haus mit den regie-
renden Häusern Deutschlands für ebenbürtig erklärt werden297.
Die großen Anstrengungen und Machtbeweise durch Prestigekonsum, Kaiser-
huld und Selbstinszenierung, patriotisch zu deutende Taten für Untertanenbildung
und Theaterförderung, sein Geld für die Insurrektion, seine stets dargestellte Kai-
sernähe, seine Westorientierung in Kunst und Heiratspolitik hatten diese Rang-
Wappenanhänger, teilweise vergoldete Silberarbeit,
kurz nach 1804. Esterházy Privatstiftung, Burg
Forchtenstein, Schatzkammer.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur