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GESTALTEN WIE EIN
KÖNIG214 301 Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher, 9. No-
vember 1805, in : ÖNB, Han, Ser. 198, S.
95r f.
302 Vgl. EPA, CD 1805/5387, o. D.
303 Szentgály an den Forchtensteiner Zeugwart,
13. November 1805, in : EPA, FR, 1805/543.
auf dem Weg nach Wien befanden, wo man Anfang November 1805 mit der Eva-
kuierung begann.
Hier nahm Nikolaus in seinen persönlichen Beobachtungen vehement am politi-
schen Geschehen teil. Wenngleich er selbst nicht in die Schlacht zog, so äußerte er
sich doch engagiert über die österreichischen Truppen und das Erzhaus. Aber trotz
aller Ungehaltenheit und Ungeduld über die Zeitenläufe wandte er sich immer wie-
der schnell seinen künstlerischen Visionen zu, baute, engagierte, kaufte und insze-
nierte weiter. – Vielleicht wurde die Vehemenz und Schnelligkeit dieser Aktivitäten
sogar noch durch die Zeitumstände angetrieben, denn die europäischen Kriegs-
wolken zogen nun erstmal direkt in seinen Aktionskreis und bedrohten die gesell-
schaftliche und staatliche Ordnung, in der sich Nikolaus so erfolgreich bewegte.
Schon am 12. November 1805 saß Napoléon beim Souper im Palais der Mutter von
Fürstin Maria Hermenegilde in Hütteldorf vor den Toren Wiens, wohin ihn sein
Oberbefehlshaber Joachim Murat (1767–1815) geladen hatte301. Tags darauf zog
Napoléon in Wien ein, wo es keine nennenswerten Kampfhandlungen oder Wider-
stände der zum Teil verblüfften und überrumpelten Österreicher gab. Zu spät waren
auch die Kunstsammlungen des Fürsten Esterházy eingepackt worden. So stand die
Kupferstichsammlung weiterhin in Kisten im Gardepalais in Wien und die ver-
packten Bilder in der Pottendorfer Galerie302. Erst am Tag der Invasion von Wien
wurde die Besatzung von Burg Forchtenstein darauf eingeschworen, dass die fran-
zösischen Truppen ohne Gegenwehr und »mit geziemender Hoch Achtung« in die
Burg eingelassen werden sollten. Es sei in Anbetracht der historischen Zeughaus-
und Waffensammlungen darauf hinzuweisen, dass man mit den Armaturen »auch
nicht den entferntesten Gedanken einer Feindseligkeit im Schilde führe, sondern
dieses als Antiquität mehr zum Glanz des fürstlichen Hauses durch welche nur das
Alterthum des Schlosses zu gewinnen hat«. Der Fürst und seine Verwaltung hofften
auf die »Edl Denkungsart einer so großen Nation«303. Zusammen mit dem ganzen
Land schienen sie sich unter die Übermacht des latent bewunderten Napoléons zu
fügen und in aller Stille auf dessen Reaktion zu warten. Säbel Nikolaus’ II. als Offizier des General-
Quartiermeisterstabes, wohl Jacobus Conrad
junior, Schwertfeger in Amsterdam, 1802 oder
1809. Esterházy Privatstiftung, Burg Forchtenstein,
Zeughaus- und Waffensammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur