Page - 218 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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GESTALTEN WIE EIN
KÖNIG218 30. Dezember 1809). In dieser Nacht schlief
der Kaiser im Esterházy-Schloss Kittsee, um
am 31. August nach dem Frühstück weiter
nach Raab zu reisen (vgl. EPA, DD 1809/4875,
4.
September 1809). Sein Stiefsohn Beauharnais
zog am gleichen Tag von Eisenstadt nach Tirol,
um dort den Aufstand niederzuschlagen.
337 Vgl. ehem. EPA, GC 1809, Fasz. 28, Nr. 3789,
zit. in : Meller 1915, Quellenteil : Nr. 218.
338 Schreiben Nikolaus II. an Joseph Fischer,
1.
Oktober 1809, ehem. in : EPA, CD
1809/3275, zit. in : Meller 1915, Quellenteil :
Nr. 223 ; Plan des Pester Freihofes, 1808, in :
MOL, FAE, T2, Nr. 1500.
339 Gemeint ist Georg v. Gaál (vgl. ehem. EPA, CD
1809/2038, 2040, 3. Juni 1809, zit. in : Meller
1915, Quellenteil : Nr. 222).
340 General Jean Barthélemont de Sorbier war
Oberbevollmächtigter in Eisenstadt (vgl. In-
surrektionswaffen auf Forchtenstein, in : ÖStA,
AVA, Polizeihofstelle, 1811/3124, 15. August
1812).
341 »Bildniß des Grafen Sinzendorf, mit seinem
Clarinette beschäftiget ; sein getreuer Pudel liegt
zu seinen Füßen. In Rembrands Manier radiert«
(Böckh 1824, S. 828). Bald nach der Entlassung
Fischers forderte Nikolaus II. die Druckplatte
und die Abzüge von diesem, um die kom-
promittierenden Materialien nicht in Umlauf
kommen zu lassen (vgl. ehem. in EPA, CD
1813/1239, 13. Juli, zit. in : Meller 1915, Quel-
lenteil : Nr. 341). Die Druckplatte wurde 1821
aus dem fürstlichen Inventar gestrichen und
vernichtet (vgl. EPA, CD 1821/1145, 11. März
1821).
342 So war er von dessen Großtante Lunati-
Visconti-Esterházy in Wien eingeführt worden,
pflegte engen Kontakt zu Nikolaus’ Mutter (vgl.
Klingenstein/Faber/Trampus 2009, 15. April
1781, S. 850f. und 8. März 1781, S. 833).
343 Vgl. Schreiben Nikolaus II. an Joseph Fi-
scher, 1.
Oktober 1809, ehem. in : EPA, CD
1809/3275, zit. in : Meller 1915, Quellenteil :
Nr. 223. Birkenstock starb kurz darauf. Erst
1812 werden Zeichnungen und Gemälde aus
dem Nachlass Birkenstock erworben.
344 Die Polizeihofstelle vermutete, dass Fischer an
Denons (gemeint ist wohl Labordes) Voyage
pittoresque mitarbeitete (vgl. ÖStA, Wien, AVA,
Polizeihofstelle, 1810/698).
345 Laborde, Alexandre Comte de : Voyage pitto-
resque en Autriche, Paris 1821–1823.
346 Vgl. Ligne an Laborde, o. D., in : Klarwill 1920
(1), S. 274ff.
347 Vgl. Nikolaus II. an Henriette Zielinska, 9. De-
zember 1809, in : MOL, FAE, P134, E, Nr.
844.
Besetzung von Mai bis Oktober 1809 gekommen. Denn durch den napoleonischen
Kunstraub der 1805 zurückgebliebenen kaiserlichen Sammlungen gewarnt, hatte
Fürst Nikolaus bereits im März 1809 Kisten mit Bildern aus dem Wiener Palais
nach Pottendorf evakuieren lassen337, von dort war ab Mai der Transport der ge-
samten Galerie Richtung Donau gestartet, um sie auf Schiffen nach Pest zu brin-
gen, wo sie bis zum Friedensschluss an Bord oder im dortigen Esterházy-Freihof
»bestens besorgt und erhalten«338 waren, wie er Galeriedirektor Fischer erleichtert
nach Wien mitteilte. Auch seine nicht zu verbringende Wiener Sammlungen hatte
der Fürst zu schützen versucht. So entließ er im Juni seinen Biblio thekskustos we-
gen Feigheit, nachdem dieser die Esterházy-Bibliothek im Gardepalais angesichts
der französischen Invasion Wiens verlassen hatte339. Es wurde sogar erwähnt, dass
der Fürst, unerschrocken von französischen Drohungen, die Batteriekanonen im
Föhrenwald für Eisenstadt rettete, in dem er den französischen General einfach mit
Geld bestach340.
Nach der Evaluierung seiner Galerie fühlte sich Nikolaus II. sogar recht sicher,
da er in Charles Moreau und Joseph Fischer zwei Mitarbeiter hatte, die den für die
Kunstbeschlagnahmung in Wien zuständigen Dominique-Vivant Denon persön-
lich kannten. Nikolaus machte sogar übermütige Späße im Angesicht des Krieges,
als auf seine Anweisung hin Denon ein Juxstich mit der Darstellung des schrulli-
gen und zynischen Grafen Karl Zinzendorf (1739–1813) überbracht wurde341, für
dessen zu groß geratenen Pudel Fischer schon zuvor eine Totenanzeige gestochen
hatte. Zinzendorf dürfte Nikolaus schon von Kindesbeinen an gekannt haben342
und war Kritiker der anzüglichen Bauten des jungen Nikolaus’ in seinem Palais
auf der Landstraße. Jetzt konnte es der Fürst dem alten Zinzendorf mit diesem
groben Scherz anscheinend heimzahlen. – Ebenso derb ließ Nikolaus II. dem
Wiener Privatsammler Johann Melchior v. Birkenstock (1738–1809) drohen, dass
dieser, wolle er nicht Teile seiner bekannten Sammlung an ihn verkaufen, von
Galeriedirektor Fischer als französischem Kommissar Beschlagnahmung zu er-
warten habe343. Zu Denons Kunstrequirierungsgruppe gehörte jedoch vielmehr
Alexandre-Louis-Joseph de Laborde (1774–1842), der im Sommer Eisenstadt
für Recherchen seines Ansichtenwerks Voyage pittoresque en Autriche besuchte344.
Alexandre de Laborde, aufgewachsen im väterlichen Garten von Méréville, der ja
ab 1803 für Eisenstadt vorbildlich war, lobte die wegen des Krieges eingestellte
Eisenstädter Schlossbaustelle und die Pläne zum Garten, für die – wie er fest-
stellte – ein Landsmann verantwortlich war, »vom höchsten Stile«345, und nahm
Eisenstadt in sein Werk auf. – Den Hinweis, nach Eisenstadt zu reisen, hatte
Laborde vom Gartomanen und ehemaligen Edelstetten-Besitzer Charles Josephe
de Ligne erhalten, der dem Franzosen das »neugeschaffene Eisenstadt, dessen
Treibhäuser, [die] an Zahl und Schönheit alle anderen übertreffen«346, empfahl
und das Gartenreich Nikolaus’ II. in einem Atemzug mit den Gärten von Wörlitz
und Weimar nannte – ein Adelsschlag in einer Zeit, als die Anlagen des Fürsten
nicht mehr weitergestaltet wurden.
Im Dezember 1809 kamen zwar die Bilder der Esterházy-Galerie zurück nach
Schloss Pottendorf, doch der Fürst blickte hoffnungslos auf seine Pläne in Eisen-
stadt und mit den Sammlungen. Enttäuscht betrachtete er am Ende des Jahres 1809
den Staat, die Ordnung und die Moral als nicht mehr existent347.
Nikolaus II. war in der Blütephase und Glanzzeit seiner Kunstförderung auf dem
Zenit seiner ständischen Macht angelangt. 1804 von Franz II. zum reichsunmittel-
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur