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Der Fürst ist krisengeschüttelt 241
456 »Sa conversation habituelle roule sur l’amour
sous toutes les formes possibles : heureux, mal-
heureux, tourmenté, tourmentant, passé, présent,
se montrant peu fuyant …« (Du Montet 1904,
S. 230).
457 Klarwill 1925, S. 192.
458 So existieren ca. 100 Briefe und zahlreiche
Gedichte von 1810 bis 1816, dem Tod der
Kaiserin, in : MOL, FAE, P135, 1cs, 1–5. Maria
Ludovika entgegnete der Fürstin »nicht als
Kaiserin, sondern als Freundin« (Beschreibung
des höchsten Besuchs … der Kaiserin von Oester-
reich, zu Eisenstadt am 7t und 8t May 810, in :
EPA, CD 1810/2589. 18. Mai 1810). Von der
Intimität der Freundschaft zeugt das Aquarell
des Schlafzimmers der Kaiserin in der Wiener
Hofburg, das Maria Hermenegilde nach 1812
geschenkt bekommen haben muss (vgl. Inventa-
rium über sämtliche im Sommer Palais Hütteldorf
befindliche Meublen und derlei Gerätschaften, o. D.
[nach 1845], Nr. 87, 88, S. 52, in : EPA, Neues
Inv. 25, Nachlaß) ; vgl. Hanzl, Lieselotte : Das
Appartement der Kaiserin Maria Ludovika in
der Wiener Hofburg, in : Österreichische Zeit-
schrift für Denkmalpflege, Jg. LXV (2011), Heft
1/2, S. 84–100.
459 1815 kaufte sie das Haus ihrem Bruder Fürst
Johann I. Liechtenstein ab ; vgl. Akten zum
Hütteldorfer Palais : MOL, FAE, P108, Rep. 21,
Fasz. N, Nr. 21 (1769 bis ca. 1869).
460 Abschaffung der Mätresse des Fürsten, in :
ÖStA, AVA, Polizeihofstelle, 1811/1262/e/11
(17. August 1811). rung vs. Auflehnung gegen den Souverän eindeutig gegen Nikolaus gerichtet war.
Seine Hofhaltung und Lebensform wurde in Gegensatz zum bescheidenen, mo-
ralisch integren und lustfeindlichen Regenten Franz gestellt, der sich als »guter
Kaiser Franz« fast bürgerlich gab. Ziel der Kampagne war es, den zu selbstbewusst
auftretenden Fürsten zukünftig in seine Schranken zu weisen. Seine Kreditwürdig-
keit wurde dadurch geschmälert. Die offene Opposition Nikolaus’ gegenüber dem
Kaiser und das obstinate Hofhalten waren folgenreich.
8.2 Die Fürstin zieht aus
Die Akten der Polizeihofstelle, die Metternich zu einem effektiven Geheimdienst
ausbaute, belegen, dass 1811 die Opposition des Fürsten gegen die Finanzpatente in
direktem Zusammenhang mit der Affäre Marie Louise Plaideux behandelt wurde.
Waren bisher die erotischen Leidenschaften des Fürsten nie besonders hervorge-
hoben worden, so wurden sie jetzt zum Druckmittel gegen ihn und seinen in jeder
Hinsicht manisch ausschweifenden Lebensstil. Auch seiner Gemahlin Maria Her-
menegilde sollte in dieser Angelegenheit eine wichtige Rolle zufallen.
Maria Hermenegilde, die ihre Pflicht als Mutter nach dem Verständnis der dy-
nastischen Ehe erfüllt hatte, präsentierte sich bis dahin bei den zu ihren Ehren
veranstalteten Namenstagsfeiern Jahr für Jahr als die strahlende Gattin. Sie stand
ihm geduldig zur Seite und trat selten in Erscheinung. In ihren Briefen war sie
vor allem traurige Einsame, die immerfort von Liebe sprach456 : »Man mag mich
zwicken, mag mich kratzen, wenn man mich nur liebt.«457 Ihr Gatte tat das offen-
sichtlich nie. Hauptadressatin ihrer unzähligen Briefe war Kaiserin Maria Ludovika,
Gattin Kaiser Franz’458, der sie auch von den Affären ihres Mannes berichtete. Nie
hatte sie bisher jedoch dagegen aufbegehrt, da Mätressen Teil fürstlichen Selbst-
und Standesverständnisses waren. Im Sommer 1811 jedoch, als sich während des
Opponierens ihres Gatten gegen den Kaiser ein Skandal abzeichnete, zog sie sich
in das Hütteldorfer Palais ihrer Mutter zurück459 und bat ihre kaiserliche Freundin,
»die geheime Abschaffung der Maitresse … [zu] bewürken«. In der Begründung
hieß es, die Fürstin sei »heruntergewürdigt …, weil der Fürst selbst Öffentliche
auffalende Scandallitätten mit der Plaideux sowohl unter denen hohen Herren
als auch unter seiner ganzen Dienerschaft machet, … wohrüber alles Schümpfet
und Spöttendet«460. Die Kaiserin befahl daraufhin Fürst Nikolaus am 8. August
Einladungsbillets von Fürst Nikolaus II. zu einem
Essen ins Schloss Kittsee bei Pressburg während
einer Sitzung des Ungarischen Reichstages,
1811. Ungarisches Nationalarchiv, Budapest,
Familienarchiv Esterházy.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur