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in die kunst
1 Nikolaus II. an Johann Karner, auf der Reise
von Triest nach Neapel, 25. November 1816, in :
MOL, FAE, P163, Fasz. 55, Nr. 1267. … in Neapel anzukommen und
mich alldort aufzuwärmen,
denn mir ists schon kalt unter der Haut.1
(Nikolaus II. an seinen Sekretär Johann Karner, 1816)
U nter Kanonendonner beging am 14. April 1814 die Monarchie während
eines Tedeums im Dom zu St. Stephan in Wien das Ende von fast 21
Jahren Krieg in Europa. Auch Nikolaus II. nahm, wenn auch widerwillig,
an der Zeremonie teil. Denn während Kaiser Franz I. in Paris den Sieg der alliier-
ten Mächte über Napoléon feierte, hatte er Nikolaus II. von dessen Erholungsur-
laub in Italien nach Wien zurückbeordert. Es war nicht nur für seine Zeitgenossen
der Anbruch einer neuen Zeit, sondern auch für den Fürsten Beginn einer neuen
Lebensphase.
Als Wiens Bürger im Sieges- und Friedenstaumel waren, sich in patriotischen
Spenden überboten und hoffnungsvoll in die Zukunft blickten, träumte der finan-
ziell ruinierte Nikolaus von südlicher Sonne und wollte so schnell wie möglich der
Schmach der über ihn lästernden Wiener Gesellschaft wieder entfliehen. Vielleicht
ahnte der müde gewordene Neunundvierzigjährige aber auch, dass in seinem Leben
erneut tief greifende gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen anstan-
den, denen er sich stellen musste, wollte er weiterhin zur Spitze der Gesellschaft
gehören.
Der Fürst, im Ancien Régime geboren, hatte als Jugendlicher – während der
die traditionsgebundene Ordnung verändernden Französischen Revolution – obs-
tinat den Lebensstil des Adels verschwenderisch weiter zelebriert. Nach seinem
Regierungsantritt als Majoratsherr hatte er kreativ, innovativ und spekulations-
freudig neue wirtschaftliche Ideen für das Majorat entwickelt und zu nutzen ge-
wusst, künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten für seine Schlösser und Residen-
zen gesucht und seine beachtlichen Kunstsammlungen mit unermüdlicher Energie
und Durchsetzungskraft begründet und ausgebaut. Während der Koalitionskriege
und gesellschaftlichen Veränderungen durch Napoléon Bonaparte nutzte er seinen
durch die Kriege begünstigten wirtschaftlichen Reichtum, um eine royale Hofhal-
tung zu installieren und damit den ständischen Olymp Deutschlands zu erklimmen.
Fürst Nikolaus hatte seiner Familie die Ebenbürtigkeit mit den königlichen Fami-
lien Europas gebracht. Er war Freund der Könige, die jetzt den Sturz Napoléons in
Wien, Paris und ganz Europa feierten.
IV. RÜCKZUG IN DIE KUNST.
DIE SEHNSUCHT NACH SÜDLICHER SONNE UND
DIE GRÜNDUNG DES MARIAHILFER MUSEUMS
(1814–1824)
Nikolaus II. Esterházy mit Caro, Gemälde, Joseph
Lanzedelli (1774–1832) zugeschrieben, übermalt um
1817. Esterházy Privatstiftung, Schloss Eisenstadt.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur