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Auf Italienreisen : Kunst statt Verantwortung 287
kolaus II., Wien, 8. Dezember 1818, in : MOL,
P134, 1cs., B.
146 Kaiser Franz I. hatte anlässlich seiner Hochzeit
mit Caroline Auguste von der Provinz Venezien
die Statue der Polyhymnia Canovas erhalten
(heute Hofmobiliendepot, Wien).
147 Rollett 1874 ; Walcher, Alfred-Bernhard : Ge-
schnittene Steine des 18. und 19. Jahrhunderts in
den Antikensammlungen des Kunsthistorischen
Museums Wien. Gemmenschneider und Gemmen-
sammler in Wien und das k.k. Münz- und Anti-
kenkabinett, in : Zeitschrift für Kunstgeschichte, Bd.
59 (1996), S. 162–182, S. 169ff.
148 Steiermärkische Zeitung, N. F., Jg. 1, 1. Heft
(1834), S. 161.
149 Vgl. Briefe von Giuseppe Tambroni an Niko-
laus II., 2. und 21. November 1823, in : MOL,
P134, 1cs., B.
150 1819 ist Franz I. im Atelier Schadows und be-
sichtigt die Folgeausführung der Spinnerin, die
für Henry Patten bestimmt war (vgl. Eckardt
2000, WVZ37.7, S. 98).
151 Zwar hatte Metternich zuvor schon Büsten von
Zeitgenossen, Kleinwerke und eine Kopie der
Venus Italica (1817) erworben, doch Großplastik
sammelte er erst ab 1819. Zum Schluss waren
es 36 Werke, die nach 1848 in sein Schloss
Königswart gelangten (vgl. Schemper, Ingeborg :
Faszination Carraramarmor. Die Skulpturen-
sammlung des Staatskanzlers Metternich, in :
Parnass, Jg. 2005, Nr. 2, S. 69–75). seiner bevorstehenden Rom-Reise zu begleiten und ihn in die Bildhauerkreise ein-
zuführen. Doch der Hof hatte abgelehnt, da der Kaiser angeblich ohne großes Ze-
remoniell reisen wollte145. Und so war Nikolaus nicht dabei, als Kaiser Franz I. und
seine inzwischen vierte Frau am 2. April in Rom eintrafen und die Bildhauerate-
liers Canovas und Thorvaldsens besuchten146. Der Kaiser und sein in Wirklichkeit
großer Tross wandelten dabei durchaus auf den Spuren Nikolaus’ : So saßen sie
bei Torlonia, der umringt von Tausenden Lampen nahe seines Palastes am Kapitol
ein Essen zwischen den Skulpturen gab. Der mitreisende Clemens Metternich bot
Luigi Pichler eine Professur in Wien an und beauftragte ihn – wie Nikolaus es
getan hatte – mit Gemmenschneidearbeiten147. Nikolaus’ Kunstberater, Giuseppe
Tambroni, bot Metternich, »nachdem er ihn mit Huld und Ehren ausgezeichnet«148
hatte, sogar den Posten des Direktors der Akademie in Wien an, hielt aber sein
Wort nicht, worüber sich Tambroni noch oft bei Nikolaus beklagen sollte149. Ri-
dolfo Schadow präsentierte Kaiser Franz die Skulptur der Spinnerin, die Nikolaus
zuvor als Erster bestellt hatte150.
Bemerkenswert war, dass Metternich und auch der den Kaiser begleitende
König Wilhelm I. von Württemberg (1781–1864) nach dieser Rom-Reise eine
Skulpturensammlung aufzubauen begannen. Nach Vorbild des Fürsten Nikolaus
beauftragte Metternich für sein Wiener Palais am Rennweg Thorvaldsen mit seiner
Bildnisbüste (17. Juni), Tadolini mit der Canova-Kopie von Amor und Psyche und
der eigenen Psyche abbandonata151. Wilhelm von Württemberg bestellte später bei
Tenerani eine Fassung der Venus-Gruppe, die Esterházy schon 1817 geordert hatte.
Mit Absicht hatte der Kaiser 1819 also Nikolaus II. aus seiner Italienreise-Entou-
rage ausgeschlossen, obwohl dieser wertvolle Dienste hätte leisten können. Denn
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur