Page - 324 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
Image of the Page - 324 -
Text of the Page - 324 -
RÜCKZUG IN DIE
KUNST324 314 Széchényi 1926, S. 83 (18. November 1820).
315 Krickel 1831, S. 39.
316 Vgl. zu den Reisebeschreibungen : Prost 2001
(1), S. 61ff.
317 Schon seit 1810 lagen die Pläne zur Erweite-
rung des fürstlichen Majoratshauses in Wien,
das Nikolaus durch umfangreiche Grundstücks-
käufe stark erweitert hatte, in der Schublade.
Daher wurde parallel zu den Eisenstädter
Bauaktivitäten 1816 auch dieses Projekt von
Charles Moreau wieder aufgenommen und von
1818 bis 1820 der Flügel am Haarhof gebaut
(vgl. EPA, DD 1818/1360, 1554, März 1818 ;
CD 1818/3596, 25. September 1818 ; CD
1819/653, 10. März 1819 betreffend die Grund-
stücke Nr. 291, 316, 317).
318 Für das sog. Neugebäude am barocken Majo-
ratshaus wurde ab Sommer 1817 ein neunach-
siger Neubau errichtet, der schon Ende 1818
vollendet war (vgl. EPA, CD 1816/2191, 2500,
September, Oktober 1816 ; CD 1817/1641,
1639, 1640, Juni 1817 ; DD 1817/5672, 11. Ok-
tober 1817 ; DD 1818/6328, 17. Oktober 1818.
Grundrisspläne Erd- und Obergeschoß : EPA,
BP366).
319 1806 wurde auf Vermittlung Joels das Haus im
Wiener Vorort Untermeidling (Konskriptions-
nummer 44, 45, 46, Grundbuch Klosterneu-
burg), direkt an der Wasserleitung zum Park von
Schönbrunn, für 10.000 Gulden erworben (vgl.
MOL, FAE, P108, Fasz. N, Rep. 21, Nr. 10,
1.
März 1807), 1806 eingerichtet und 1807 der
Garten umgebaut (vgl. EPA, CD 1806/3525,
26. Juli 1806 ; 1807/163, 10. Januar 1807). Es
gab Glaskuppeln, Gewächshäuser, einen Teich,
der mit der Schönbrunner Wasserleitung ver-
bunden war. 1812 verkaufte Nikolaus das Haus
an Joel zurück, von dem er es am 4. Dezember
1817 für 50.000 Gulden wieder kaufte (vgl.
MOL, FAE, P108, Fasz. N, Rep. 21, Nr. 10).
1822 wurde es an die Plaideux abgetreten.
Figur … Das Haus im gänzlichen Abnehmen. Es lohnt sich der Mühe nicht mehr
eingeladen zu werden.«314
Mit den letzten gestalterischen Arbeiten an den Gärten in Eisenstadt und Pot-
tendorf endete 1823 der große Traum der Eisenstädter Kulturlandschaft, den Ni-
kolaus als Standesbeleg vor fast 30 Jahren gesponnen und der wesentlich zu seinem
Bankrott 1812/13 beigetragen hatte.
Die fürstlichen Ideen blieben bis auf wenige Ausnahmen unverwirklicht, das
Schloss als Zentrum der Anlage damit ein unproportionaler Klotz. Nikolaus legte
seine raumgreifenden Planungen des Schönen und seine ambitionierten Ideen des
Nützlichen, wie bei den Lehrgärten, nieder und kürzte die Projekte auf das Nötigste
zusammen. Scheinbar fehlte ihm nach 1815 nicht nur das Geld, sondern auch seine
Lust, Energie und Durchsetzungskraft.
Nach notdürftigem Abschluss der Gestaltungen setzte ein intensiver touristi-
scher Reisebetrieb ein, der während des Wiener Kongress begann und nun im spa-
zierfreudigen und reisewütigen Biedermeier zu regelrechten Besucherströmen in
Eisenstadt führte. Einer dieser lyrischen Spaziergänger schloss mit einem Vergleich,
der den Fürsten sicher hoch erfreute : »Derjenige, welcher die Natur mit der Kunst
vereinigt liebt, wird auf jeden Fall den fürstlich Esterházyschen Park in Eisenstadt,
selbst jenen des Fürsten Liechtenstein in Eisgrub vorziehen.«315
Nikolaus hatte es in seiner immer kompetitiven Gestaltungsfreude damit spät,
aber doch geschafft, in der öffentlichen Wahrnehmung den Liechtenstein-Gärten
von Feldsberg und Eisgrub den Rang abzulaufen, denn selbst im Fragment seiner
gigantomanischen Ideen lag große Wirkung.
Es sollten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Beschreibungen der
Eisenstädter Gartenanlagen folgen316, die vom Schloss, den Gärten, Pflanzensamm-
lungen, den Tempeln, Wasserfällen, Jagd- und Nutzgärten des Fürsten Nikolaus II.
schwärmten, obwohl sie eigentlich nur ein kleiner Ausschnitt einer ganzheitlichen
Vision waren, die nun begraben worden war.
6. Glanz abseits der Wiener Öffentlichkeit
6.1 Schloss Miklosvár und Pfannberg
Doch Nikolaus blieb – wie immer – rastlos und wohl auch in seiner Lust, zu gestal-
ten, unbelehrbar. Denn der Ausbau der privaten Refugien in Mariahilf (1814–24),
Pottendorf (1818) und dem Plaideux-Haus an der Seilerstätte (1817–25) schien
nicht zu genügen. Daher begann gleichzeitig mit dem Abschließen der Eisenstädter
Residenzbaustelle auch die Wiederaufnahme von Erweiterungsprojekten an den
Majoratshäusern in Wien (1816/1818–1820) 317 und Buda (1817–1818) 318. Die
daraufhin rasch errichteten funktionalen Bauten für Verwaltung und Beamtenwoh-
nungen hatten keinen Repräsentationscharakter und dienten nur den Verwaltungs-
instanzen der Esterházy in den Hauptstädten. Nikolaus wohnte immer seltener in
seinen Stadtresidenzen und mied das »offizielle« Eisenstadt. Vielmehr bevorzugte
er Orte des privaten Rückzugs, die ihn gesellschaftlicher Beobachtung entzogen
und wo er seiner anstrengenden ständischen Geltungsmacht entschwinden konnte.
Daher richtete er sich 1817 im Wiener Vorort Untermeidling, nahe dem dorti-
gen Theresienbad, ein Gartenhaus ein319. Wie das Plaideux-Haus an der Seilerstätte Vignette »Jagd-Schloss Miklos-Vár«, Kupferstich,
um 1819. Ungarisches Nationalarchiv, Budapest,
Familienarchiv Esterházy.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur