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Tagebuch 1938/1
französ[ischer] öffentlicher u. privater Besitz. Darunter eine offiz[ielle] Sitzung, ein
Riesenbild, wie Floch sagt, aus Castres (?). Ganz über d. Situation. Ein vorausgenom-
mener Daumier
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Nach Tisch gabs ein Gewitter mit Blitz, Donner u. Regenrauschen. Hat sich kaum
bis zum Abend ganz erholt. Wir besuchten – ohne Floch – Wertheimer in der Ave-
nue George V, der ein sehr gut aufgemachtes Lokal im 5. Stock eingerichtet hat. Er
hatte keine Originale, die uns interessierten, aber viele Photos nach Sachen, die durch
seine Hände gegangen sind. U. a. den gewissen Kopf von Cranach, den das […] Mu-
seum voriges Jahr gekauft hat, („ich hatte ihn zwei Jahre, da Winkler ihn angemerkt
hatte“), von dem die ausgeführtere Kopie im Brit[ish] Mus[eum] ist (als Dürer bei
Lippmann). Eine prachtvolle Büste voll signiert von Messersch[midt], die d. Deut-
sche Mus[eum] erworben hat. Zwei schöne aus Chartres stammende Köpfe
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Nachher ein kleiner Spaziergang die Avenue George V. zu d. Elysées, mit d. Metro
zum Palais Royale u. wieder ein Spaziergang zum „Georges“ in d. Rue Mazarine, wo
wir gut u. gemütlich dinierten u. in d. gekauften Zeitung alle Kinoanzeigen durchstu-
dierten, in die es sich lohnen würde hineinzugehen. Besser aber heute einen Ruhetag
einzuschalten, da wir morgen ins Theater gehen
…
28. [Jänner] 7h abends.
(Gerade kam der erste Brief vom Anderl ! das ist ein Spaß !) Auch sonst war heute
ein guter Tag. Ruhige Arbeit vor- und nachmittags bei d. Louvrezeichnungen, die
uns in den Fragen um Tintoretto herum weiterbrachte. Vicentino schält sich ganz
nett heraus. Das Wetter ist ständiges Nebelreißen. In d. Mittagspause haben wir d.
Carnegieinstitut gesucht u. gefunden, aber derjenige welche ist derzeit in London
u. kommt erst nächsten Dienstag zurück. Nach d. Arbeit waren wir bei Duveen, wo
das Allendale-Bild schon fort war, wir aber eine ganze Reihe uns sehr wichtiger De-
tailaufnahmen geschenkt bekamen. (Lowengard wirkt wie irrsinnig, Mr. Youth (?) –
sehr nett – wie sein Wärter). Um ¼ 9 haben wir Rendez-vous mit Floch, der uns vor
dem Theater (Knock), zu dem er uns Billette verschaffte, sehen will, wenn ihm diese
¾
Stunde immer noch zu kurz ist ! Es ist schwer
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29. [Jänner] ½ 7 abends
(Eben heim gekommen, Edel holt uns mit Filippa zu Nachtmahl ab). Das Theater
gestern – hinten Parterre – war sehr nett. Wirklich wie ein Moliere gespielt. Das
expressionistische Stück in solch stilvoller Übertreibung vorgeführt, ist französische
Spezialität. Dafür gibt’s bei uns kein gegenüber. Ich hatte mit großem Appetit und
voller Würdigung vorher im Alsace (Place St. Michel) diniert u. mit ebensolcher
Freude u. ohne Müdigkeit d. Theater genossen, aber nachher doch so peinliches Mal
aux cheveux gehabt, dass ich mit 2 Aspirintabletten zubett ging u. bis heute Mittag
drin blieb. Um 8h früh gabs wiederum ein Gewitter – das zweite seitdem wir hier
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Volume II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Title
- Erica Tietze-Conrat
- Subtitle
- Tagebücher
- Volume
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Editor
- Alexandra Caruso
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 346
- Category
- Biographien