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Tagebuch 1938/1
lichen Kunsthistorikern der Generation HTs und davor absolviert worden war. 1941 erhielt
Brunner eine ordentliche Professur für Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte an der Uni-
versität Wien. Er war Mitarbeiter des Reichsinstituts für Geschichte und gehörte dort der
„Forschungsabteilung Judenfrage“ an. Verheiratet war Brunner mit Stephanie Staudinger
(1897– ?) (Otto Brunner, Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich).
72 Feys Stellung im austrofaschistischen Lager war umstritten, um seinen Selbstmord nach der
nationalsozialistischen Machtübernahme rankten sich Legenden.
Emil Fey – Werdegang im Stenogramm hochdekorierter Weltkriegssoldat, Teilnahme am
Kärntner Abwehrkampf, 1923 Gründung der „Deutschmeister-Heimwehr“, 1933–1935
abwechselnd Vizekanzler, Sicherheits- und Innenminister der Regierungen Dollfuß und
Schuschnigg, 1934 maßgeblich an der Anstachelung und Niederwerfung der Februar-
kämpfe beteiligt („arbeitete zielbewußt auf die blutige Auseinandersetzung mit den Sozia-
listen hin“, Nolte 1968, 390), ungeklärte Rolle beim Juliputsch 1934 (Ermordung von Bun-
deskanzler Engelbert Dollfuß [1892–1934] durch NS-Putschisten), 16.3.1938 Selbstmord
mit Frau, Sohn und Dienstmädchen (Emil Fey, Austria-Forum).
73 ETC meldete auch ihrer Schwester Lili nach Südamerika die gelungene Flucht von Burgl
und Stoffel : „Burgel ist mit 2 Kameraden am 12. auf eine Skitour – in Skihose u. mit Ruck-
sack
–, die sie nach einer ,wonderful, but very hard‘ travel nach 4 Tagen auf Schweizer Boden
landen ließ. […] Nach weitern 6 Tagen langten sie um ½ 1 in der Nacht bei einem Freund,
dessen Adresse wir ihr schon längst auf alle Fälle angegeben hatten[,] in Paris an. Diesmal
war der Grenzübertritt nicht so beschwerlich. […] Burgel hat keinen Paß. Stoffel versuchte
noch am 11. nach Ungarn zu entkommen, es gelang nicht. Am 16. fuhr er noch einmal los,
kam glücklich nach Zürich und gestern nach London.“ (Brief ETC an Lili Fraenkel-Conrat
vom 24.3.1938, Privatarchiv Kristin Matschiner.) Bis auf Schwiegertochter Trude, die noch
in Wien verblieben war, war somit der engsten Familie die Flucht ins Ausland gelungen. „Sie
klagt über finanzielle Schwierigkeiten wegen – hoffentl. nur momentanem Abhebungsver-
bots u. weil alles Flüssige doch für d. beiden Abreisenden verwendet werde.“ (Brief ETC an
Lili Fraenkel-Conrat vom 24.3.1938, Privatarchiv Kristin Matschiner.)
Zu Kati bzw. Cate siehe TB 1937/3, 20.7.
74 Les Perles de la Couronne (Die Perlen der Krone), Regie Sacha Guitry (1885–1957) und
Christian-Jaque (1904–1994), Frankreich 1937.
75 Schutzbundwaffen – Anfang der 1920er-Jahre hatte die Sozialdemokratische Partei Öster-
reichs, so wie die Christlichsoziale Partei auch, einen paramilitärischen Arm. Ob es eventu-
ell seitens Christoph oder Burgl Tietzes jemals Berührung zu dem bereits 1933 verbotenen
„Republikanischen Schutzbund“ gegeben hat, kann nicht gesagt werden. Vermutlich war
von den Nazi-Trupps der Verdacht auf „Schutzbundwaffen“ einfach nur vorgeschoben wor-
den, um in das Haus einzudringen.
Unklar bleibt, um wen es sich bei Tante Rosa gehandelt haben mag.
Nach seiner Freilassung gelang Gustav und Louise Schoenberg mit der gemeinsamen
Tochter die Flucht nach England. Das Familienhaus, das sie mit Anna Peters, Louises Mut-
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Volume II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Title
- Erica Tietze-Conrat
- Subtitle
- Tagebücher
- Volume
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Editor
- Alexandra Caruso
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 346
- Category
- Biographien