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Anden französischenVermittlungspraktiken inÖsterreich zeigt sich, inwelch
„engemKonnexmit gesellschaftlichenundpolitischenMacht-undHegemonialver-
hältnissen“33 kulturelle Transfers stehen. Nicht nur ist die Existentialismus-Auf-
nahme nicht von der Kulturpolitik zu trennen, auch lässt sich die Kulturpolitik
Frankreichsnicht isoliertvonderderanderenAlliierten,vorallemjenerderSowjet-
unionundderUSA, betrachten.DaKulturtransfers laut Espagnenie nur zwischen
zwei Sprachen,LändernoderKulturkreisen stattfindenundeigentlich immerDritte
involviert sind,34 tragen die Kulturtransferstudien transnationalen Verflechtungen
und „mehrpoligen Transferbeziehungen“35 seit den neunziger Jahren durchmulti-
perspektivische Herangehensweisen Rechnung. Österreich an sich ist durch seine
geographischeLageundGeschichte traditionell einer jenerOrte, andemsich viele
Kulturräumebegegnen,was–weil sichKulturtransfers besonders inurbanenZen-
trenrealisieren, inUniversitäten,Bibliotheken,PortalenzumGlobalen(„des ‚portails
sur laglobalité‘“36)–speziell fürWiengilt,demdurchseinehoheDichteanVermitt-
lungsinstanzendieRolleeineszentralengeistigenUmschlagplatzeszukommt.
Ausgehend davon, dass sich kulturelle Phänomene „nicht aus eigenem
Antrieb verbreiten“37, kommt dem „Stellenwert der soziologisch erfaßbaren
Vermittlerschichten“38 großeAufmerksamkeit zu.Der interkulturelle Transfer
ist zuallererst dasWerkvermittelnderPersönlichkeiten, sei es als individuelle
Leistung oder innerhalb einer Gruppe, imAuftrag von Institutionen oder aus
privater Initiative.39 SindTransfers vonprivatenMittlerInnenmeistdurchAb-
lehnung oder Verehrung motiviert, existieren daneben „vom ökonomischen
KalkülgetriebeneMittler“undschließlichder„Typusdesprofessionalisierten
33 Suppanz:Transfer,Zirkulation,Blockierung,S. 22.
34 Cf.Espagne:LaNotionde transfert culturel,S. 3:„Untransfert cultureln’a jamais lieuseu-
lement entredeux langues, deuxpaysoudeuxaires culturelles: il y aquasiment toujoursdes
tiers impliqués.“Cf.Werner: Kulturtransfer undHistoire croisée, S. 41: Die Komplexität eines
jeden Kulturtransfers verunmöglicht eine Gesamtschau, vielmehr wird disziplinenübergrei-
fend versucht, „die Mannigfaltigkeit der Verknüpfungen und der Interdependenzen eher an
einzelnenGegenständen,SituationenoderPersonengruppenaufzuzeigen“.
35 LüsebrinkundReichardt: Kulturtransfer imEpochenumbruch, S. 25. Cf. hierzuauchdie in
Fußnote9angegebenenQuellenzumHistoirecroisée-Ansatz.
36 Espagne:LaNotionde transfertculturel,S.6;cf.S. 3.
37 Espagne:DieRollederMittler imKulturtransfer,S. 310f.
38 KatharinaMiddell undMatthiasMiddell: Forschungen zumKulturtransfer. Frankreich und
Deutschland. In:Grenzgänge.BeiträgezueinermodernenRomanistik 1 (1994),Nr. 2,S. 107–122,
hierS.109f.
39 Cf. EspagneundWerner:Deutsch-französischerKulturtransfer im18.und 19. Jahrhundert,
S. 506. 2 DerExistentialismusalsGegenstandderKulturtransferforschung 17
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur