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„geradezu reissendabgesetzt“112wurden, sorgendieRezipientInnenbedürfnisseab
1947 für „dasmarkanteVerschwinden“113 derselben,wobei sich das zunehmende
Desinteresse an der internationalen Literatur dadurch erklärt, dass der geistige
Hungergestillt ist, soderRedakteurFrischlerüberdaserste ‚Normaljahr‘ 1948:„Es
dauerte etwazwei Jahre, biswir jungen JournalistendasGefühlhatten,wirhätten
jeneverlorenen Jahre, sofernedasüberhauptmöglichwar, imgroßenundganzen
aufgeholtundsogutesgingeingearbeitet ineinneuesWeltbild.“114
Das Aufholen ermöglichen vor allem kurzlebige Literaturzeitschriften wie
Plan (1945–1948) undDerTurm (1945–1948), deren geringe Laufzeit also keine
Rückschlüsse aufmangelndeWichtigkeit erlaubt:Die Periodika erreichen einen
kleinen,aber inseinerMultiplikationsfunktionelementarenKreisanEmpfänger-
Innen,siebilden lautFrank,PodewskiundScherer„eineArtEliten-Kommunika-
tionsraum“, was „trotz auffallend geringer Auflagenhöhen zu einer hohen
Relevanz im literarisch-kulturellen Feld führt“115. Somacht die Begegnungmit
internationaler Literatur inPeriodika,wie etwaderAutorGerhardRühmberich-
tet, nach 1945 „jeden hinweis, jedes kleinste zitat zu einer aufregenden entde-
ckung“116,diedannuntergeneigtenKollegInnenweitergegebenwird.
DieEinbindungdesExistentialismus inPeriodika erfolgt indengattungsübli-
chen Formen (Literaturkritiken, literaturtheoretische Essays, Debatten, Literatur-
auszüge)117 sowohl in alliierten als auch inunabhängigenZeitschriften.Während
die anderen Besatzungsmächte ihr Augenmerk eher auf die Tagespresse legen,
wirdFrankreich, der kulturellenAusrichtung seinerBesatzungspolitik gemäß,be-
sonders imBereichderLiteratur-undKulturzeitschriftenaktiv.KonkreteVorhaben
kündigenmeistbereitsdieGeleitwortean, sowünschtmanÖsterreichetwa inder
InnsbruckerMonatsschriftWortundTat (1946–1948)denAufbauneuer internatio-
naler Beziehungen (vor allemmit demHexagon) und neues Ansehen, indem es
112Wittmann:DieAufnahme französischer Literatur inösterreichischenZeitschriften 1945–1955,
S.336.
113 Holger Englerth, TanjaGausterer undVolker Kaukoreit: Österreichs Literaturzeitschriften
1945–1990 imÜberblick.EineEinleitung,S. 1–77,hierS. 16.http://www.onb.ac.at/oe-literatur
zeitschriften (einges.09.01.2019).
114 Frischler: 1948–daserste journalistische„Normaljahr“, S.9.
115 Frank,Podewski,Scherer:Kultur–Zeit–Schrift,S. 23, 21.
116 GerhardRühm:dasphänomen ‚wienergruppe‘ imwiender fünfzigerundsechziger jahre.
In: PeterWeibel (Hg.): die wiener gruppe. einmoment der moderne 1954–1960.Wien 1997,
S. 17–29,hierS. 17.
117 Cf.ErichStraßner:KommunikativeAufgabenundLeistungenderZeitschrift. In:Leonhard
etal. (Hg.):Medienwissenschaft.EinHandbuchzurEntwicklungderMedienundKommunika-
tionsformen. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 15/1.) Berlin, New
York1999,S.861.
86 4 FranzösischeKulturpolitikundersteExistentialismus-Begegnungen
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur