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Hollywoodfilmeüber die Grenzen vonHoch- undMassenkultur hinwegmit der
Strömungverbinden.
Zwar ist je nach Zone der unmittelbare Einfluss der zuständigenAlliierten
stark, auf Bundesebene überwiegen allerdings Importe aus den USA. Bei der
Amerikanisierung des kulturellen Feldes – stets „bei parallelem ‚inhaltlichen‘
RekursaufTraditionund ‚Erbe‘, ‚Schönheit‘und ‚Wahrheit‘“182– istwenigdem
Zufall überlassen. Auch wenn sich nach der Kulturtransfertheorie die Über-
nahme fremder Elemente „nicht dekretieren oder durch eine gezielte Expansi-
onspolitik der Ausgangskultur erreichen“183 lässt, zeigt dieses Beispiel,
welchen Effekt ein entsprechendes Nachhelfen haben kann.Wie die französi-
schen Kulturverantwortlichen gehen die amerikanischen davon aus, dass sie
die größte Wirkung erzielen, indem sie „vorhandene österreichische Vorstel-
lungsmuster verstärken“, weshalb der zuständige Information Services Branch
„möglichst friktionsfreie, idealisierende Bücher, Filme undMusikstücke“ pro-
pagiert und einen (imGegensatz zu den eher undifferenzierten Initiativen der
anderen Besatzungsmächte) auf „ganz bestimmte Zielgruppen ausgerichteten
Operationskalender“entwirft, dermedienübergreifend „vor allemdieHochkul-
tur sowie moderne Unterhaltungs- und Massenbeeinflussungsinstrumente“184
umfasst,wieOliverRathkolbhervorhebt.
Als ergiebigstenWerbeträger nutzen die USA den Film, der eine Vermitt-
lung sowohl ihrer demokratischen Ideale als auch indirekt ihrer materiellen
Güterermöglicht.DeutlichvernehmbarsinddieStimmen,diedarineineGefahr
fürdie Jugendsehen,diebald imRufsteht,„daßsich ihrDaseinnur immateri-
ellenAblauferschöpft,daßsiesichangänzlichunwichtigeDingeverschwendet,
massenweiseGangster- undKriminalfilme besucht, bornierte Liebesgeschichten
verschlingt“185 und sich so in den geistigen Bankrott katapultiert. Die Faszina-
tion, dieKinoheldenwieMarlonBrandound JamesDeanausüben, greifenviele
Texte, die die Nachkriegszeit aus jugendlicher Perspektive schildern, auf:
Statt zur Schule geht Josef Winkler „oft schon um zehn Uhr vormittags ins
Apollokino amUfer derDrau“, zusammenmit „denanderenBeatles, Hippies
und Schulschwänzern aus den Villacher Gymnasien, der Handelsschule und
182 Georg Schmid:Die „Falschen“Fuffziger. Kulturpolitische Tendenzender fünfziger Jahre.
In:Aspetsberger,FreiundLengauer (Hg.):LiteraturderNachkriegszeit,S.7–23,hierS. 23.
183 EspagneundGreiling:Frankreichfreunde,S. 10.
184 Rathkolb:DieEntwicklungderUS-Besatzungskulturpolitik,S. 38,45f., 35.Cf. auchAlfred
Hiller: Amerikanische Medien- und Schulpolitik in Österreich 1945–1950. Wien: Universität
Wien,Diss. 1974.
185 Thomas Bernhard: Die Kultur ist nicht stehen geblieben! In: Bernhard:Werke, Bd. 22/1,
S. 141–144,hierS. 141. [Zuerst in:DemokratischesVolksblatt,04.04.1953.]
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Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur