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abgestorbenenhat“360, undMaxBlaeulich schätzt ihn schließlich als „ein ziemli-
chesMißverständnis“ein: Inden fünfziger Jahrenwurde„vielprobiert“und„ver-
schiedentlich surrealistisch, absurd, existentialistisch“ gearbeitet, was „nicht
wirklich überliefert“361 ist. Eines der diesbezüglichen Experimente lässt anVians
parodistische Surrealisierung existentialistischer Elemente denken, an die Figur
Chick inL’Écumedes jours, die zweiVortragsmitschnitte Sartres gleichzeitig hört,
umneue Ideen aus dem Zusammenprall alter Ideen hervorzubrigen („pour faire
jaillirdes idéesnouvellesduchocdedeuxidéesanciennes“362):
Wirwohnen einerNachzündung vonDadaund Surrealismus bei. Es ist kein Zufall, daß
so viele Maler anwesend sind. Vieles läßt sich primär von der Form her verstehen. Ein
philosophischerTextvonSartrewirdmiteinemBerichtüber indischeFreudenmädchen–
zweiSprecher–Satz fürSatz ineinandergeschnitten.363
Verkettungen lassen sichvor allem imBereichderMalerei undBildhauerei be-
obachten,die „das sinnlosgrausamexistentialistischeHinausgeworfensein“364
desMenschen vergegenständlichen. Sartre selbst wundert sich angesichts der
Ausdehnung seiner ‚Lehre‘bis hin zurGrafik und zurMusik über seine eigene
Rolle in diesemGeschehen („[p]uisqu’on connaît des peintres et des dessina-
teurs existentialistes. Etmêmedesmusiciens. Il paraît– jem’excuse de parler
demoi–que j’aiquelquechoseà faire là-dedans“365). BildendeKunstundMa-
lerei–die das Innsbrucker Institut Français als nonverbale unddaher Sprach-
barrierenumgehendeKunstformenbesonders fördert, da sich so „einegrößere
Anzahl von Interessierten“366 erreichen lässt – befinden sich in Österreich
nichtamRanddesexistentialistischenMilieus, sondern indessenKern (nichts-
360 Albert Paris Gütersloh:Der unterirdischeArt Club. In: Breicha (Hg.): DerArt Club inÖs-
terreich,S. 22–24,hierS. 22. [Zuerst in:Weltpresse, 11.01.1952.]
361 MaxBlaeulich,KlausDemus,WielandSchmied,WendelinSchmidt-Dengler (Moderation):
Wie’s„wirklich“war,oderwaspassiert,wennsichdieerinnern,dienichtdefinierthaben,wie
unserBlickaufdie fünfziger Jahre sein soll. In:Polt-HeinzlundStrigl (Hg.): ImKeller, S. 177–
196,hierS. 182, 178.
362 Vian:L’Écumedes jours,S. 259.
363 KarlMaria Grimme: Dada plus Surrealismus,wienerisch akzentuiert. In: Österreichische
NeueTageszeitung, 17.04.1959.
364 Gütersloh:DerunterirdischeArtClub,S. 24.
365 Sartre:LaNationalisationde la littérature,S.37.
366 VerenaZanklundSandraUnterweger:FrankreichsFeste imFreundeslandundwasdarü-
ber berichtet wurde. Die Aktivitäten der französischenKulturverantwortlichen in Tirol 1946–
1960. In: Klettenhammer (Hg.): KulturraumTirol. Literatur–Sprache–Medien. (Innsbrucker
Beiträge zur Kulturwissenschaft, Germanistische Reihe 75.) Innsbruck 2009, S. 313–333, hier
S.323.
216 6 StimmenderGegenwart:ExistentialistischeLiteratur
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur